In einem neuen Bericht beschäftigt sich die Europäische Grundrechteagentur FRA mit der Frage, wie der Zugang zum Recht für alle jene verbessert werden kann, die Opfer von sogenannten Hassverbrechen wurden. Im Zentrum steht dabei die Sicht von Berufsgruppen: 263 Interviews mit Vertreter_innen von Gerichten, Staatsanwaltschaften, Polizei und NGOs in allen EU-Mitgliedsstaaten wurden von Mitte 2013 bis Anfang 2014 geführt. In den Gesprächen wurden die Vertreter_innen der jeweiligen Berufsgruppen gefragt, was Opfer ihrer Meinung nach derzeit daran hindert, Anzeige zu erstatten oder den Rechtsweg einzuschlagen.
Was fehlt: Übersichtliches Hilfsangebot mit kompetenter Rechtsberatung
Mehr als die Hälfte der Befragten haben angegeben, dass ihrer Meinung nach viele Betroffene nicht wissen, wo sie sich mit ihrem Anliegen hinwenden können. In den meisten EU-Mitgliedsländern sei das Hilfsangebot sehr unübersichtlich. Die FRA gibt deshalb die dringende Empfehlung aus, das Netz an Hilfseinrichtungen nicht zu sehr zu zersplittern und die Beraterinnen und Berater mit guten Kenntnissen des Rechtssystems auszustatten, damit Hilfesuchende schon bei der ersten Kontaktaufnahme kompetente Informationen bekommen, welche rechtlichen Möglichkeiten ihnen offen stehen.
Klagsverband fühlt sich bestätigt
Für Volker Frey, Generalsekretär des Klagsverbands, ist das eine Bestätigung für den Kurs seiner NGO: „Der Klagsverband ist ein Dachverband mit 42 Mitgliedsorganisationen“, erklärt Frey und ergänzt: „Die Mitgliedsvereine machen die Beratung und wir kümmern uns darum, dass Beraterinnen und Berater das notwendige juristische Know-how haben, um Hilfesuchenden eine gute Orientierung über die rechtlichen Möglichkeiten zu geben. Wenn dann jemand seine Diskriminierung vor Gericht bringen will, unterstützen wir und vertreten auch vor Gericht.“
Mit vielen Hürden versehen: der Weg zur Anzeige
Viele Personen, die Opfer von Hasskriminalität wurden, verzichten auf eine Anzeige, das geht ebenfalls aus dem Bericht der FRA hervor. Die Gründe dafür reichen von mangelndem Wissen bei den Opfern, dass Hassverbrechen angezeigt werden können bis zur Angst, im Kontakt mit der Polizei nicht ernst genommen oder erneut diskriminiert zu werden. Um diese Hürden abzubauen, empfiehlt die FRA, eigene Kontaktbeamt_innen für Hassverbrechen auszubilden. Auch die Möglichkeit einer online-Anzeige wird in dem Bericht genannt.
Mangelndes Bewusstsein für Hassverbrechen in der Justiz
Auch bei der Justiz sieht die FRA Verbesserungsbedarf: Im Zentrum steht dabei die Frage, wie Hasskriminalität im nationalen Recht eingestuft ist und welche Rolle der Opferschutz spielt. Um die Sensibilität für Hassdelikte in der Justiz zu erhöhen, sind vielfältige Maßnahmen notwendig, heißt es in dem Bericht. Nur so könnten Hassverbrechen als Menschenrechtsverletzungen wahrgenommen werden und Opfern die notwendige Unterstützung bei der Rechtsdurchsetzung garantiert werden. (vf)