Erst vergangene Woche hat das Rote Kreuz die Bevölkerung aufgerufen Blut zu spenden, weil die Reserven knapp sind. Homosexuelle Männer sind von der Blutspende aber ausgeschlossen. Handelt es sich dabei um eine Diskriminierung im rechtlichen Sinn, wie in vielen Medien geschrieben wird? Ein Blick auf die derzeit geltenden Regelungen im österreichischen Gleichbehandlungsrecht (GlBG) zeigt ein differenziertes Bild.
Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt eingeschränkt
Homosexuelle Personen sind durch das Gleichbehandlungsgesetz nicht umfassend vor Diskriminierung geschützt. In der Arbeitswelt ist es verboten, jemanden wegen der sexuellen Orientierung zu benachteiligen. Weder bei der Bewerbung, noch bei der innerbetrieblichen Fortbildung darf die sexuelle Orientierung zu Benachteiligungen führen. Aber auch die Beendigung des Dienstverhältnisses darf nicht aufgrund der sexuellen Orientierung erfolgen. Homosexuelle Personen sind Heterosexuellen beim Diskriminierungsschutz in der Arbeitswelt also nach dem Gesetz gleichgestellt.
Ganz anders sieht es außerhalb der Arbeitswelt aus, also zum Beispiel beim Einkaufen, beim Friseur, beim Sport oder in der Freizeit. Beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, wie dieser Bereich im GlGB heißt, gilt das Diskriminierungsverbot nur, wenn die ethnische Herkunft oder das Geschlecht einer Person Grund für die Benachteiligung ist.
Wenn also eine Person aufgrund ihrer (zugeschriebenen) Herkunft nicht in ein Lokal gelassen wird, ist das in Österreich verboten und eine Zivilklage nach dem Gleichbehandlungsgesetz möglich. Die küssenden Frauen im Café Prückl in Wien konnten aber ungestraft hinausgeworfen werden. (Hier erfahren Sie mehr zur dringend notwendigen Ausweitung des Diskriminierungsschutzes.)
Risikogruppe oder Risikoverhalten
Eine Blutspende lässt sich keinem dieser Bereiche zuordnen. Wer Blut spendet, befindet sich weder in der Arbeitswelt noch will die Person etwas kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Der Diskriminierungsschutz laut GlBG greift hier also nicht.
Trotzdem ist es berechtigt, das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer als Benachteiligung zu interpretieren. Schließlich werden homosexuelle Männer durch diese Vorgehensweise pauschal als Risikogruppe stigmatisiert.
Abhilfe könnte hier geschaffen werden, wenn das Risikoverhalten bei Homosexuellen ebenso wie bei allen anderen, die Blut spenden wollen, abgefragt wird. So würde nicht eine Gruppe pauschal vorverurteilt, sondern die Risikofaktoren jeder einzelnen Person als Entscheidungsgrundlage gelten, ob eine Blutspende möglich ist oder nicht.
Ähnlich hat das auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 beurteilt: Ein Franzose hatte geklagt, weil er sich als Schwuler beim Blutspenden diskriminiert fühlte. Der EuGH hat das Blutspendeverbot in seinem Urteil nicht aufgehoben, aber die Frage der Verhältnismäßigkeit gestellt. So könnte zB mit einer Anpassung des Fragebogens diese Verhältnismäßigkeit hergestellt werden.
Situation in Europa (Update Oktober 2020)
In immer mehr europäischen Ländern werden Männer, die mit Männern Sex haben, zur Blutspende zugelassen, darunter sind Großbritannien, Italien und Spanien. Dort, wo es Befristungen gibt, wird oft überlegt, diese zu verkürzen. (da)