1.500 Euro Schadenersatz hat das Oberlandesgericht Innsbruck einem in Österreich lebenden Brasilianer nach einer rassistischen Belästigung in einer Innsbrucker Hotelküche zugesprochen.
„Mit dieser Entscheidung hat das Gericht klargestellt, dass auch eine einmalige Beschimpfung mit hoher Intensität als rassistische Diskriminierung am Arbeitsplatz gewertet werden kann“, zeigt sich Andrea Ludwig vom Klagsverband über den Ausgang des Verfahrens erfreut. Ludwig ist die Leiterin der Rechtsdurchsetzung beim Klagsverband und hat den Kläger vor Gericht vertreten.
Rührei-Bestellung mit Folgen
Der Vorfall hat sich bereits 2015 in einem Innsbrucker Hotel ereignet, in dem der Kläger zum damaligen Zeitpunkt als Frühstückskellner arbeitete. Als er beim Sous-Chef ein Rührei bestellt, beleidigt ihn dieser mit dem N-Wort.
Der Kläger bemüht sich in der Folge bei seinen Vorgesetzten um eine Klärung des Vorfalls, aber auch ein Gespräch mit dem Personalchef, den er um Versetzung bittet, bleibt erfolglos. Nachdem er es für nicht mehr zumutbar hält, mit dem Sous-Chef zusammenzuarbeiten, reicht er seine Kündigung ein.
Unterstützung durch TIGRA
Erst bei TIGRA – der Tiroler Gesellschaft für rassismuskritische Arbeit – findet der Kläger schlussendlich Unterstützung. Nach vergeblichen Versuchen, den Konflikt außergerichtlich zu lösen, vermittelt ihn TIGRA zum Klagsverband und begleitet ihn während den Verhandlungen. „Diese Entscheidung ist wegweisend für die österreichische Rechtssprechung. Menschen, die rassistische Beleidigungen erleben, können nun endlich ihre Rechte durchsetzen“, kommentiert Mandeep Lakhan, die Obfrau von TIGRA, das Urteil.
Der Kläger zeigt sich erleichtert: „Ich wollte, dass in Zukunft niemandem mehr so etwas passiert, und dass die Menschen wissen: Es gibt rechtliche Konsequenzen! Mir ist nach dem Urteil ein Stein vom Herzen gefallen!“
Demütigendes und feindseliges Arbeitsklima
Das Gericht beruft sich in seiner Entscheidung auf die Definition von Belästigung im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz. Dort heißt es, eine Belästigung müsse ein Arbeitsumfeld schaffen, das einschüchternd, feindselig, entwürdigend, beleidigend oder demütigend ist.
Entscheidend sei die Wahrnehmung des Klägers, der sich nach dieser demütigenden Erfahrung nicht mehr in der Lage sah, mit dem Kollegen zusammenzuarbeiten, so das Urteil. Permanente Anspannung und ein feindseliges Arbeitsklima seien für den Kläger die Folgen gewesen. Damit seien die Voraussetzungen für eine Belästigung gegeben. Es müsse eine „Gesamtschau aller Faktoren“ herangezogen werden, um die Intensität der Belästigung zu beurteilen, auch wenn diese einmalig war.
Mit dem Urteil wurde auch dem Schadenersatz von 1.500 Euro stattgegeben, der Mindestschadenersatz für Belästigung ist derzeit mit 1.000 Euro festgelegt. (da)
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Pressespiegel
Tiroler Tageszeitung, 21. April 2017
Kleine Zeitung, 22. April 2017