Am 15. März 1979 ist das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) in Österreich in Kraft getreten. Aus diesem Anlass gilt es Bilanz zu ziehen und an eine Reihe von Forderungen zu erinnern, die nicht weitere 40 Jahre auf ihre Umsetzung warten dürfen.
Auch nach 40 Jahren eine Baustelle: Lohngerechtigkeit
Der ursprüngliche Gedanke des GlBG war die Beseitigung der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern.
In Paragraf 2 hieß es: „Bei der Festsetzung des Entgelts darf niemand auf Grund des Geschlechtes diskriminiert werden; Diskriminierung ist jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird.“
Schon 1979, also vor 40 Jahren, sollte mit einem Gesetz geregelt werden, dass Frauen denselben Lohn bekommen wie Männer. Bekanntlich ist diese Forderung noch immer nicht in der Realität angekommen und der Gender Pay Gap, also jener Betrag, den Frauen für dieselbe Arbeitsleistung wie Männer weniger erhalten, beträgt in Österreich in etwa 20 Prozent – abhängig von der Art der Berechnung.
Nach mehreren Novellen in den 1980er und 1990er Jahren regelt das GlBG nicht mehr nur das Diskriminierungsverbot beim Entgelt. Das Gleichbehandlungsgebot reicht von der Bewerbungsphase bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus gilt das Diskriminierungsverbot auch bei der Berufsberatung, Berufsausbildung, Umschulung und bei selbstständiger Tätigkeit.
Das Gleichbehandlungsgebot in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis ist in Paragraf 3 gewandert:
„Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis
§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht 2) bei der Festsetzung des Entgelts …“
2004: ein neues Rechtsgebiet entsteht
Eine wirklich maßgebliche Erweiterung hat das GlBG 2004 erfahren. Der Diskriminierungsschutz wurde mit dem neuen Gesetz auf mehrere Gründe ausgedehnt: Seither kann sich auch rechtlich zur Wehr setzen, wer in der Arbeitswelt aufgrund der ethnischen Herkunft, der Religion und Weltanschauung, der sexuellen Orientierung oder des Alters anders behandelt wird als Personen in einer vergleichbaren Situation.
Aber auch der Anwendungsbereich des Gesetzes wurde ausgedehnt: Neben der Arbeitswelt schützt das Gesetz seit 2004 auch Personen, die aufgrund ihrer Herkunft (oder seit 2008 aufgrund ihres Geschlechts) diskriminiert werden, wenn sie Güter oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Durch diese gesetzlichen Maßnahmen ist in Österreich in nur zehn Jahren einvöllig neues Rechtsgebiet entstanden.
Klagsverband: mit Recht gegen Diskriminierung
Das Inkrafttreten des erweiterten Gleichbehandlungsgesetzes war ein Meilenstein in der österreichischen Gleichstellungspolitik. Aber Papier ist bekanntlich geduldig und engagierten Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft war bewusst, dass Einzelpersonen, die sich gegen erlebte Diskriminierung wehren wollen, praktische Unterstützung brauchen, um die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Deshalb haben sich vor zehn Jahren VertreterInnen von ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Training, BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmt Leben und von der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien zusammengesetzt mit dem Vorsatz, eine NGO zu gründen, die das Gleichbehandlungsgesetz mit Leben erfüllt.
Forderungen, die bis heute nicht umgesetzt wurden
Es muss an dieser Stelle noch einmal betont werden, dass das GlBG auch nach 40 Jahren sein ursprüngliches Ziel, nämlich den Schutz vor Entgeltdiskriminierung nicht erreicht hat. Natürlich können Benachteiligungen beim Gehalt eingeklagt werden. Welche Konsequenzen so eine Klage hat, hängt von der jeweiligen Situation ab, allerdings kann man davon ausgehen, dass es nicht einfach ist, an seinem ursprünglichen Arbeitsplatz beschäftigt zu bleiben, wenn so eine Klage eingebracht wurde.
Eine weitere Forderung, die auch 15 Jahre nach Inkrafttreten des heutigen, erweiterten Gleichbehandlungsgesetzes, nicht umgesetzt wurde, ist die Harmonisierung des Diskriminierungsschutzes (Levelling-Up): Außerhalb der Arbeitswelt sind nur die Gründe Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit geschützt.
Wenn also zB eine homosexuelle Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung eine Dienstleistung nicht bekommt, gibt es dagegen keine Handhabe. Gegen diese ungerechtfertigte Unterscheidung des Diskriminierungsschutzes tritt der Klagsverband seit Jahren auf. Leider fehlt der politische Wille, um dieses „Levelling-Up“ umzusetzen.
Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Höhe des immateriellen Schadenersatzes. Dieser ist derzeit sehr gering und beläuft sich selten auf mehr als ein paar hundert Euro. Obwohl es vielen Klägerinnen und Klägern nicht um das Geld, sondern um Gerechtigkeit geht, verfehlen die Schadenersätze so ihr Ziel. Diese sollten laut EU-Antidiskriminierungsrichtlinen „abschreckend“ sein. Diese Wirkung wird mit so niedringen Schadenersätzen nicht erzielt, und hindert diskriminierende Personen oder Unternehmen meist nicht daran weiter zu diskriminieren. Der Klagsverband fordert deshalb einen Mindestschadenersatz von 1.000 Euro.
Weitere Forderungen des Klagsverbands zur Verbesserung des Gleichbehandlungsgesetzes finden Sie hier.
Erfolgreiche Verfahren nach dem GlBG
Der Klagsverband hat in den vergangenen Jahren einige erfolgreiche Verfahren nach dem Gleichbehandlungsgesetzes geführt.
Dazu gehören zB mehrere Verfahren wegen rassistischer Einlassverweigerung, darunter ein Verfahren wegen einer rassistischen Einlassverweigerung, bei der erstmals in Österreich das Naheverhältnis berücksichtigt wurde.
Für einen Kläger in Salzburg haben wir das erste Verfahren wegen einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in Österreich geführt.
Eines der ersten Verfahren, die der Klagsverband unterstützt hat war wegen einer rassistischen Diskriminierung in einem Geschäft.
In Tirol haben wir erfolgreich wegen einer einmaligen rassistischen Belästigung geklagt und eine Klägerin haben wir unterstützt, weil sie bei der Bewerbung in einem konfessionellen Spital aufgrund der fehlenden Religionszugehörigkeit diskriminiert wurde. (da)