
Im März 2004 wird der Klagsverband von den Vereinen ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, BIZEPS Zentrum für Selbstbestimmtes Leben und HOSI (Homosexuellen Initiative) Wien gegründet. Der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) wird kurz darauf als vierter Mitgliedsverein aufgenommen. Heute hat der Klagsverband 55 Mitgliedsvereine.

Im Juli 2004 tritt das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (kurz: Gleichbehandlungsgesetz GlBG) in seiner erweiterten Fassung in Kraft. In Paragraf 62 wird der Klagsverband erwähnt: „Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.“

Mai 2005: Der Klagsverband bringt erstmals als Nebenintervenient eine Klage ein: Ein homosexueller LKW-Fahrer klagt wegen Belästigung am Arbeitsplatz. Er wurde von zwei Kollegen regelmäßig wegen seiner sexuellen Orientierung verspottet und diskriminiert. Das Landesgericht Salzburg gibt dem Kläger recht, beide Angeklagten werden mit jeweils 400 Euro Schadenersatz belangt.
In der Folge bringt der Klagsverband durchschnittlich drei bis sechs Klagen pro Jahr ein. Im Jahr 2013 betrifft eine Klage wegen rassistischer Einlassverweigerung acht Personen. Nicht jede Anfrage beim Klagsverband endet mit einem Gerichtsverfahren: Manche Sachverhalte unterliegen nicht dem Gleichbehandlungsgesetz und in vielen Fällen bieten sich außergerichtliche Lösungen an.

Dezember 2008: Das Handelsgericht Wien bestätigt in zweiter Instanz die Diskriminierung von Herrn L. wegen einer Behinderung und legt einen Schadenersatz von 400 Euro fest. Der Klagsverband hatte im Jahr zuvor Klage für Herrn L. eingebracht: Der Rollstuhlfahrer wurde von einem Bus der Wiener Linien nicht mitgenommen und an der Haltestelle stehen gelassen.
Für Menschen mit Behinderungen besteht der Alltag häufig aus zahlreichen Barrieren. Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz sieht die Möglichkeit vor, dass wegen mangelnder Barrierefreiheit und Diskriminierung aufgrund einer Behinderung geklagt werden kann. Allerdings sieht das Gesetz keinen Beseitigungsanspruch vor: Für Menschen mit Behinderungen heißt das in der Regel, die Barrieren bleiben bestehen.

Februar 2009: 4.500 Euro immateriellen Schadenersatz hat eine burgenländische Muslima von der beklagten Partei bekommen. Sie hatte mit dem Klagsverband eine Klage wegen Diskriminierung aufgrund der Religion gegen eine Kuranstalt eingebracht:
Die Ärztin für Allgemeinmedizin hatte sich für eine Stelle als Kurärztin beworben. Im Bewerbungsgespräch wurde ihr die Stelle aufgrund ihrer hervorragenden Qualifikationen in Aussicht gestellt, aber nur unter der Bedingung, dass sie ihr Kopftuch während der Arbeitszeit nicht trage. Als die Bewerberin dies ablehnte, kam sie für die Stelle nicht mehr in Frage.

März 2011: Erneut tritt eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes in Kraft. Sie bringt u.a. Einkommensberichte und die Erhöhung des Mindestschadenersatzes. Die vom Klagsverband geforderte Angleichung des Diskriminierungsschutzes wird aber nicht beschlossen. Das heißt, außerhalb der Arbeitswelt ist nur geschützt, wer aufgrund der Herkunft oder des Geschlechts diskriminiert wird.
Die Forderung, den Schutz auch auf die Gründe sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung sowie Alter auszudehnen, wird der Klagsverband in der Folge noch sehr häufig in Form von Stellungnahmen und Presseaussendungen in der Öffentlichkeit wiederholen. Leider sind die Bemühungen für die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes, in Österreich auch bekannt unter dem Stichwort „Levelling-Up“, bislang erfolglos geblieben.

Juli 2012: Der Klagsverband gibt einen Schattenbericht zur Europäischen Antirassismus-Konvention (CERD) ab. Die Empfehlungen des UN-Komitees zur Beseitigung von rassistischer Diskriminierung, die im darauffolgenden August erscheinen, enthalten viele Anregungen des Klagsverbands.

Jänner 2013: Das soeben in Kraft getretene Versicherungsrechtsänderungsgesetz bringt für den Klagsverband eine wesentliche Neuerung: Ab sofort besteht für die NGO die Möglichkeit, von der Verbandsklage im Behindertengleichstellungsrecht Gebrauch zu machen. Das bedeutet, dass gegen diskriminierende Bestimmungen geklagt werden kann, die bei einem positiven Ausgang des Verfahrens aus Versicherungsverträgen gestrichen werden müssen. Sonst hat der Klagsverband nur die Möglichkeit, Einzelpersonen wegen Diskriminierung auf dem Gerichtsweg zu unterstützen. Diese bekommen im Idealfall einen Schadenersatz zugesprochen, Barrieren oder diskriminierende Regelungen bleiben aber bestehen.

April 2013: Der Klagsverband führt ein Gerichtsverfahren gegen das Land Niederösterreich und bekommt erstmals ein Urteil nach einem Landes-Antidiskriminierungsgesetz: Herr S. ist türkischer Staatsbürger, arbeitet aber seit 40 Jahren in Österreich und bestreitet hier seinen Lebensunterhalt. Als ihm wegen seiner Staatsbürgerschaft die niederösterreichische Pendlerpauschale verweigert wird, entschließt er sich mit Unterstützung des Klagsverbands zu einer Klage wegen Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit.
Der Kläger hat vom Gericht nicht nur Schadenersatz in der Höhe der entgangenen Pendlerhilfe für ein Jahr (450 Euro) zugesprochen bekommen, sondern auch immateriellen Schadenersatz in der Höhe von 300 Euro für die erlittene Würdeverletzung.
2014 hat das Land Niederösterreich die Vergabekritierien für die niederösterreichische Pendlerhilfe geändert.

Oktober 2013: Eine Analyse der rechtlichen Instrumente beim Wohnbau auf internationaler und nationaler Ebene unter dem Aspekt der Barrierefreiheit erscheint unter dem Titel „Wohnbau barrierefrei“. Die Studie wurde von Volker Frey und Andrea Ludwig verfasst und ist im Rahmen des gleichnamigen PROGRESS-PROJEKTS entstanden. Projektpartner waren die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ÖAR (heute: Österreichischer Behindertenrat) und WienWork.

November 2013: Andrea Ludwig und Volker Frey werden für den Klagsverband Mitglieder im niederösterreichischen Monitoringausschuss. Dieses Gremium hat die Aufgabe zu überwachen, wie die UN-Behindertenrechtskonvention im Land Niederösterreich umgesetzt wird.
Inzwischen sind Vertreter_innen des Klagsverbands auch Mitglied im Bundes-Monitoringausschuss und in der Wiener Monitoringstelle.

Juli 2014: Erstmals kommt eine Beschwerde an das UN-Komitee zur Überprüfung der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention aus Österreich. Das Komitee ist nun aufgerufen anhand des Falles von Herrn F. zu überprüfen, ob Österreich die Konvention entsprechend umsetzt. Der Linzer Herr F. ist blind und benützt regelmäßig die Straßenbahn. Dabei hat er immer einen kleinen Handsender dabei, mit dem er sich die Fahrgastinformationen, die auf den Anzeigetafeln stehen, vorlesen lassen kann. Nur bei der neuen Teilstrecke der Straßenbahnlinie 3 ist sein Handsender nutzlos: Diese wurden beim Bau nicht mit der akustischen Sprachausgabe ausgestattet.
Herr F. klagt die Betreiber der Straßenbahn wegen Diskriminierung aufgrund einer Behinderung. Die Klage wird in zwei Instanzen abgewiesen, weil sich Herr F. die notwendigen Informationen vor Fahrtantritt aus dem Internet holen könne, wie die Gerichte lapidar urteilen.
2015 hat das Komitee umfangreiche Empfehlungen für Österreich veröffentlicht, die 2018 mit der Novelle der Straßenbahnverordnung endlich umgesetzt wurden.

März 2015: Eine Studentin aus Wien, die vom Klagsverband vor Gericht unterstützt wurde, erhält von einer Café-Konditorei rund 2.500 Euro Schadenersatz, weil sie aufgrund ihres Kopftuches bei der Bewerbung nicht berücksichtigt wurde. Die Klägerin trägt aus religiösen Gründen ein Kopftuch und hat sich 2011 als Servicemitarbeiterin beworben. Sie war auf dem Bewerbungsfoto mit Kopftuch abgebildet, der Arbeitgeber wollte, dass sie es wärend der Arbeitszeit ablegt. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und/oder der Religion ist bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses aber verboten.

April 2016: Wir starten mit einem neuen Format: Der Klagsverband diskutiert ab sofort viermal jährlich über aktuelle gleichstellungspolitische Themen. Den Auftakt machen wir mit einer Diskussion zum Thema „Die Utopie einer chancengleichen Gesellschaft“.

Dezember 2016: Inklusion auf einen Klick – der Klagsverband stellt erstmals ausgewählte Inhalte seiner Internetseite als ÖGS-Videos zur Verfügung.

Juni 2017: Der Klagsverband unterstützt die Klage einer türkischen Staatsbürgerin, die vom Land Oberösterreich keine Wohnbeihilfe erhält. Die Klage gegen das Land Oberösterreich war erfolgreich, trotzdem musste die Alleinerzieherin ein Jahr später erneut ein Verfahren gegen das Land Oberösterreich anstrengen, weil ihr die Wohnbeihilfe wieder verwehrt wurde. Auch das zweite Verfahren endete mit einer Entscheidungen für die Klägerin.
In Oberösterreich wurden inzwischen die Voraussetzungen verschärft, seit 2018 müssen auch Deutschkenntnisse nachgewiesen werden, mit weiteren Klagen ist zu rechnen.
Das Jahr 2018 war das Schwierigste seit der Gründung des Klagsverbands: Die Förderung der Frauenministerin wurde um die Hälfte gekürzt. Dieser finanzielle Einschnitt hat den Verein beinahe seine Existenz gekostet. Mit einer groß angelegten Spendenkampagne war es möglich, die fehlenden Gelder für das Jahr 2018 zu lukrieren.
An dieser Stelle ein Dankeschön an alle großen und kleinen Spender_innen! Eure Solidarität hat uns gerettet! Gleichzeitig ist uns wichtig zu erwähnen, dass es nicht Aufgabe der Zivilgesellschaft sein kann, unsere Arbeit zu finanzieren.
Trotz der bedrohlichen Situation und der enormen personellen Ressourcen, die wir in die Spendenkampagne stecken mussten, war 2018 auch ein Jahr der Erfolge:
Im Jänner 2018 ist das Inklusionspaket in Kraft getreten und damit das Verbandsklagerecht für den Klagsverband. Seither ist es möglich, diskriminierende Bestimmungen auch ohne Einzelkläger_in vor Gericht zu bringen.

Im Juni 2018 haben wir den NGO-Schattenbericht zur UN-Frauenrechtskonvention präsentiert, den der Klagsverband koordiniert hat. Die Präsentation war der Auftakt der Kampagne #rechtehatsie, mit der wir für Frauenrechte sensibilisieren.

2019 touren wir mit #rechtehatsie durch Österreich!
15 Jahre lassen sich nur schwer zusammenfassen. Lückenlose Informationen gibt es hier (www) und hier (fb) und hier (twitter). (da)