Teil 1 unserer Artikelserie zum Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz
Mit 1. Jänner 2021 ist das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG) in Kraft getreten. Dieses bringt Änderungen in zehn bestehenden Gesetzen.
In den kommenden Tagen werden wir in drei Artikeln einen Überblick über die Neuerungen geben. Wir beginnen mit den zivilrechtlichen Bestimmungen.
Im nächsten Artikel wird es um zivilverfahrensrechtliche Änderungen (inklusive Auskunftsansprüche) gehen und im dritten um die strafrechtlichen Neuerungen.
Persönlichkeitsrechte
Bereits bisher bestimmte § 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB): „Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten.“ Es handelt sich um einen Auffangtatbestand, der angewendet wird, wenn andere, spezifischere Bestimmungen fehlen.
Diese Bestimmung gilt unverändert weiter. Ergänzt wird sie durch § 17a ABGB, der besagt,
- dass Persönlichkeitsrechte im Kern nicht übertragbar sind (Abs. 1),
- dass nur die betroffenen Personen selbst, wenn sie entscheidungsfähig sind, in Eingriffe in den Kernbereich eines Persönlichkeitsrechts einwilligen können – und nur soweit das nicht gegen die guten Sitten verstößt (Abs. 2) und
- dass Persönlichkeitsrechte nach ihrem Tod weiterwirken und Verletzungen des Andenkens an Verstorbene zehn Jahre lang durch eingetragene Partner_innen, Lebensgefährt_innen, Ehegatten und andere Verwandte in auf- oder absteigender Linie geltend gemacht werden können.
Diese Bestimmungen sind nicht völlig neu, sondern orientieren sich weitgehend an der Rechtsprechung der letzten Jahre. Es ist jedenfalls hilfreich, dass sie nun ausdrücklich ins Gesetz übernommen wurden.
Wie lassen sich diese Verletzungen der Persönlichkeitsrechte zivilrechtlich geltend machen – also bekämpfen?
Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch
§ 20 Abs. 1 ABGB sieht nun einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch vor. Wer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt ist oder eine solche Verletzung befürchten muss, kann auf Unterlassung oder Beseitigung klagen. Der Unterlassungsanspruch beinhaltet auch den Anspruch auf Beseitigung einer bestehenden Persönlichkeitsverletzung.
Verletzung des Ansehens oder der Privatsphäre von Arbeitnehmer_innen
§ 20 Abs. 2 ABGB bestimmt nun, dass Arbeitgeber_innen, wenn ihre Arbeitnehmer_innen durch Medienbeiträge in ihrem Ansehen oder der Privatsphäre verletzt werden und damit die Arbeitnehmer_innen nicht mehr eingesetzt werden können oder das Ansehen der Arbeitgeber_innen erheblich geschädigt wird, unabhängig vom Anspruch der Arbeitnehmer_innen auf Unterlassung und Beseitigung klagen können.
Sie sind aber nicht dazu verpflichtet – was aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht ohne diesen ausdrücklichen Ausschluss durchaus argumentierbar wäre.
Diese Bestimmung war bereits während der Begutachtung und im parlamentarischen Prozess sehr umstritten. Es wurde befürchtet, dass Unternehmen und öffentliche Einrichtungen – etwa Bundesministerien, Landesregierungen oder die Polizei – auf diese Weise kritische Berichterstattung unterbinden könnten. Zudem kann es für Betroffene von (Online-)Belästigungen problematisch sein, wenn ohne ihre Zustimmung gegen diese Belästigungen vorgegangen wird.
Entschädigungen für die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches in einem Medium
Das Publizieren und Teilen von Inhalten kann auch unter das Mediengesetz (MedienG) fallen. So gelten etwa Webseiten-Betreiber_innen aber auch Betreiber_innen einer Facebook-Profilseite als Medieninhaber_innen. Nun kommt es neben ein paar begrifflichen Änderungen zu einer Anpassung der Entschädigungsbeträge.
§ 7 Abs 1 Mediengesetz sieht wie bisher vor, dass Medieninhaber_innen dafür haften, wenn der höchstpersönliche Lebensbereich einer Person in einer Weise erörtert oder dargestellt wird, die geeignet ist, sie in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Der/die Betroffene hat dann einen Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Diese beläuft sich gemäß § 8 Abs. 1 Mediengesetz auf 100 bis 40.000 Euro, bei besonders schwerwiegenden Auswirkungen der Veröffentlichung auf bis zu 100.000 Euro. Der Anspruch kann in einem Strafverfahren oder als selbständiger Antrag bei den zuständigen Strafgerichten geltend gemacht werden (§ 8a MedienG).
Was bringen diese Änderungen?
Zuerst fällt auf, dass diese Novelle ganz allgemein den Schutz der Persönlichkeitsrechte stärken soll – nicht nur im Netz. Die Klarstellung – zum Beispiel beim Schutz der Persönlichkeitsrechet – ist nichts Neues, die ausdrückliche Verankerung im Gesetz aber sinnvoll.
Jede zivilrechtliche Geltendmachung (Beseitigung, Unterlassung, ggfs. Schadenersatz) ist jedoch wie bisher mit einem mitunter hohen Kostenrisiko verbunden (im nächsten Teil dieser Artikelserie wird es dazu noch mehr geben).
Das Klagsrecht der Arbeitgeber_innen ist dagegen unausgewogen, da die Rechte der Arbeitgeber_innen stärker als die der Arbeitnehmer_innen berücksichtigt werden. Im Einzelfall wird sich zeigen, ob Unternehmen und öffentliche Stellen versuchen werden, Kritik an ihnen und ihren Organen mit diesen Bestimmungen mundtot zu machen – und wie Gerichte entscheiden. (vf/th)
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