Teil 2 unserer Artikelserie zum Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz.
Es reicht nicht, Rechte zu haben. Rechte müssen auch durchsetzbar und leistbar sein. Es ist eine Sache, ein Recht zu haben. Das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG) erleichtert die Durchsetzung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Netz durch
- ein Auskunftsrecht gegen Dienstanbieter_innen über die Identität einer Person, deren Inhalte diese hosten,
- die Einführung eines sogenannten Mandatsverfahrens,
- eine fixe Bewertung des Unterlassungsanspruchs mit 5.000 Euro (Begrenzung des Prozesskostenrisikos)
- und das Festsetzen überschaubarer Gerichtsgebühren.
Auskunftsrecht gegen Dienstleister_innen/Hosts und Gerichtsgebühren
Wenn User_innen andere Personen beschimpfen, verächtlich machen, zu Gewalt aufrufen oder durch Veröffentlichung von Fotos in ihre Privatsphäre eingreifen, tun sie das oft mit einem Nickname. Die in ihren Persönlichkeitsrechten verletzte Person muss daher den Namen und die Adresse der Person, die online kommuniziert, erfahren, um zivilrechtliche Schritte ergreifen zu können.
Dienstleister_innen, die fremde Inhalte hosten (also zB Facebook, YouTube, Instagram etc.) sind nach § 18 Abs. 4 E-Commerce-Gesetz (ECG) verpflichtet, Name und Adresse der Nutzer_in ihres Dienstes bekannt zu geben, wenn jemand ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Feststellung der Identität einer Nutzer_in hat und ein bestimmter rechtswidriger Sachverhalt glaubhaft gemacht wird.
Dieser (auch schon bisher mögliche) Auskunftsanspruch kann nun gemäß § 18 Abs. 4a ECG im Außerstreitverfahren, einem vereinfachten Verfahren, durchgesetzt werden. Die Gerichtsgebühren für ein solches Auskunftsverfahren betragen 82 Euro (Gerichtsgebührengesetz, Tarifpost 12 lit. c Z 1).
Das Mandatsverfahren
Um auf Unterlassung wegen einer erheblichen, die Menschenwürde beeinträchtigenden Persönlichkeitsrechtsverletzung in einem elektronischen Kommunikationsnetz zu klagen, steht natürlichen Personen (also zB keinen Unternehmen) nun gemäß § 549 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ein vereinfachtes, schnelleres Verfahren zur Verfügung:
Auf Antrag wird vom Gericht ohne mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung der beklagten Partei ein Unterlassungsauftrag erteilt, wenn die betroffene Person diesen Anspruch schlüssig darlegen kann, zB indem ein Nachweis aus dem elektronischen Kommunikationsnetz, also ein Screenshot oder ähnliches, aus dem die Rechtsverletzung hervorgeht, vorgelegt wird.
Der vom Gericht erlassene Unterlassungsauftrag ist der beklagten Partei gemeinsam mit der Klage zuzustellen. Die beklagte Partei kann gegen den Unterlassungsauftrag binnen 14 Tagen Einwendungen erheben.
In besonders gravierenden Fällen (nämlich wenn das Fortwirken der behaupteten Verletzung der Menschenwürde für die klagende Partei unzumutbar ist), kann das Gericht bereits während des laufenden Verfahrens die vorläufige Vollstreckbarkeit des Unterlassungsauftrags anordnen.
Das Justizministerium wird ermächtigt, ein Formular zur Verfügung zu stellen, mit dem diese Klage und der Antrag auf einen Unterlassungsauftrag einfach eingebracht werden können.
Kosten des Unterlassungsverfahrens
Die Jurisdiktionsnorm und das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) sehen vor, dass Klagen nach § 549 ZPO fix mit 5.000 Euro bewertet werden, wonach sich wiederum die Prozesskosten nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz richten. Das ist eine bedeutende Erleichterung für Kläger_innen. Damit wird verhindert, dass die üblicherweise wirtschaftlich leistungsfähigeren Beklagten weitaus höhere Streitwerte beantragen, die ein Verfahren für die Kläger_innen teurer und somit zu einem unkalkulierbaren Risiko machen.
Zudem werden die Gerichtsgebühren mit 107 Euro in erster Instanz, 144 Euro in zweiter Instanz und 214 Euro für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs auch mehr im niedrigen Bereich festgelegt. (vf/th)
Zum Weiterlesen:
-> zu Teil 3: Strafgesetzbuch, Mediengesetz und Strafprozessordnung