Teil 3 unserer Artikelserie zum Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz.

In diesem Bereichen bringt das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG) folgende Neuerungen:
- eine Erweiterung des Verbots des „Cybermobbings“ (§ 107c StGB: Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems)
- ein Verbot unbefugter Bildaufnahmen (§ 120a StGB, oft etwas verkürzt „Upskirting-Verbot“ genannt)
- eine Ausweitung des Verhetzungstatbestands auch auf einzelne Personen (§ 283 Abs 1 Z 2 StGB)
- die Neufassungen der Entschädigungstatbestände im Mediengesetz
- die Ausweitung der Delikte, bei denen die StPO Prozessbegleitung vorsieht (§ 66b StPO)
- Erleichterungen bei der Privatanklage
Erweiterung des Cybermobbing-Verbots (§ 107c StGB)
Bisher war Cybermobbing nur strafbar, wenn es „eine längere Zeit hindurch fortgesetzt“ erfolgte (Abs. 1). Diese Voraussetzung wurde gestrichen, es kann daher zB auch eine einmalige Veröffentlichung eines Postings, das längere Zeit hindurch abrufbar bleibt, strafbar sein.
Cybermobbinghandlungen, die länger als ein Jahr andauern, können nun mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Das gilbt auch für Cybermobbing, das einen Selbstmord und Selbstmordversuch des Opfers zur Folge hat.
Verbot unbefugter Bildaufnahmen (§ 120a StGB)
Das absichtliche Aufnehmen von Bildern der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche, die diese Bereiche gegen Blicke geschützt hat, ohne Einwilligung der abgebildeten Person ist nun mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
Dasselbe gilt für Aufnahmen, die in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum (zB WC, Umkleide, Dusche) ohne Einwilligung der abgebildeten Person erfolgen. Wer solche Bildaufnahmen ohne Einwilligung der abgebildeten Person Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwölf Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. Eine Strafverfolgung findet aber nur statt, wenn die von der unerwünschten Bildaufnahme betroffene Person ihre Einwilligung gibt (sogenanntes Ermächtigungsdelikt).
Verhetzung auch gegen einzelne Personen möglich
Schon bisher war laut § 283 Abs 1 StGB der Aufruf zu Gewalt gegen Einzelpersonen strafbar. Nun fällt auch die Beschimpfung von Einzelpersonen unter das strafrechtliche Verhetzungsverbot, wenn dies aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer der in § 283 StGB geschützten Gruppen, und in der Absicht, die Menschenwürde zu verletzen, erfolgt („Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Alter oder sexuelle „Ausrichtung“).
Im Unterschied zur auch schon bisher strafbaren Beleidigung (§ §115, 117 Abs 3 StGB) erfordert § 283 eine erhöhte Publizität, die Beschimpfung muss daher vor mindesten etwa 30 Personen geschehen.
§ 283 enthält nun zudem Behinderung generell als geschütztes Merkmal, während vorher in diskriminierender Weise nur „körperliche und geistige Behinderungen“ erfasst waren.
Änderungen im Mediengesetz
Das Mediengesetz (MedienG) betrifft wie auch schon bisher auch zahlreiche Phänomene von Hass im Netz. So gelten etwa Betreiber_innen einer Social-Media-Profilseite als Medieninhaber_innen und fallen somit auch unter das Mediengesetz.
Wie schon bisher haben Betroffene Schadenersatzansprüche, wenn in einem Medium der Straftatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung gegen sie hergestellt wird. Der Entschädigungsanspruch kann in einem Strafverfahren oder als selbständiger Antrag bei den zuständigen Strafgerichten geltend gemacht werden (§8a MedienG).
Diese Schadenersatzansprüche und die Schadenersatzansprüche für weitere Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Medieninhaber_innen wurden nun erhöht und übersichtlicher in § 8 MedienG geregelt (siehe auch Teil 1 unserer Artikelserie).
Das Löschen von betreffenden Stellen einer Website (Einziehung oder Beschlagnahme im Sinne der §§ 33, 33a, 36 MedienG) kann nun hilfsweise auch gegen Host-Provider durchgesetzt werden, wenn der/die Medieninhaber_in selbst nicht belangt werden kann (§ 36b MedienG).
Besser geschützt vor medialer Darstellung sind nun auch Angehörige von Opfern, sowie noch nicht rechtskräftig verurteilte Verdächtige und Zeug_innen von Straftaten.
Ausweitung und übersichtlichere Textierung der Prozessbegleitung (§ 66b StPO)
Zukünftig erhalten auch Opfer von Stalking (§ 107a StGB),von Cybermobbing (§ 107c StGB) und von Verhetzung (§ 283 StGB) psychosoziale und juristische Prozessbegleitung.
Opfer von übler Nachrede, Beleidigung und Verleumdung erhalten Prozessbegleitung, wenn die Straftat gegen sie im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde. Ebenso gibt es nun die Möglichkeit, Prozessbegleitung für selbständige Entschädigungs- und Löschungsanträge nach dem MedienG zu erhalten, bisher war das nur im Zuge eines Strafverfahrens nach MedienG möglich.
Auch Minderjährige, die Zeug_innen von Gewalt im sozialen Nahraum (Familie, Gewalt an Kindern) wurden, erhalten nun Prozessbegleitung.
Erleichterungen bei der Privatanklage
Zur Ausforschung von Beschuldigten wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), dem Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) oder einer Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde, kann das Opfer nun gemäß § 71 StPO einen Antrag auf Auskunft über Stamm- und Zugangsdaten (§ 76 StPO) stellen, und, wie oben erwähnt Prozessbegleitung in Anspruch nehmen.
Kommt es bei Privatanklagedelikten (üble Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung, Beleidigung), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden, letztlich zu keiner Verurteilung, sind die Privatankläger_innen gemäß § 390 Abs. 1a StPO nur zum Kostenersatz gegenüber dem Staat zu verpflichten, wenn der Vorwurf wissentlich falsch erhoben wurde. Die Verpflichtung zum Ersatz der Verteidigungskosten des letztlich nicht verurteilten Angeklagten bleibt jedoch bestehen (§ 393 Abs 4a StPO). (vf/th)
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