Darüber und über den Beitrag der Konvention zur Weiterentwicklung des Gleichstellungsrechts diskutiert der Klagsverband am 16.9.21 auf Zoom.
Nach der Staatenprüfung Österreichs im Juli 2019 hat das UN-Frauenrechtskomitee mit den sogenannten „Concluding Observations“ (Abschließende Bemerkungen) eine Liste mit rund 40 Empfehlungen vorgelegt, die von der Republik Österreich umgesetzt werden müssten, um die 16 Artikel der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) zu erfüllen.
Vier Empfehlungen wurden vom Komitee als besonders dringlich erachtet und die Republik Österreich als Vertragsstaat der CEDAW aufgefordert, nach zwei Jahren einen Zwischenbericht zu erstellen, der dokumentiert wie Österreich die Empfehlungen umsetzt.
Die Empfehlungen sind 25b) Schutz von Frauen, die Opfer von Frauenhandel wurden bzw. strafrechtliche Verfolgung von Frauenhändlern, 43c) erleichterte Familienzusammenführung für Personen, die unter internationalem Schutz stehen, die Verringerung der Schulabbruchsrate von Mädchen mit Migrationshintergrund (31d) und Maßnahmen zur Mindestrepräsentation von Frauen im Nationalrat und in den Landtagen (27b).
Follow-Up-Bericht ohne messbare Ergebnisse
Im Juli dieses Jahres hat Österreich nun den Follow-Up-Bericht abgeliefert und darin aufgezählt, was getan wird um die vier Empfehlungen in praktische Maßnahmen zu gießen.
Ein erster Blick in den Follow-Up-Bericht zeigt, dass die aufgezählten Maßnahmen sehr breit sind und nicht immer nahe am Thema. Häufig werden Projekte angeführt, die höchstens im allerweitesten Sinn mit dem Problembereich zu tun haben. Was fehlt, sind konkrete Angaben zur Umsetzung mit einem Datum und messbaren Ergebnissen. Das macht es schwer bis unmöglich zu evaluieren, ob die Maßnahmen effektiv zur Umsetzung der CEDAW-Empfehlungen beitragen.
Was sagen Expert*innen dazu?
Liest man zum Beispiel durch, was die Republik Österreich im Follow-Up-Bericht zum Thema „Verringerung der Schulabbruchsrate von Mädchen mit Migrationshintergrund aus bildungsfernen Familien“ schreibt, begegnet man einer Aufzählung verschiedenster Maßnahmen im Bildungs- und Schulbereich vom verpflichtenden Kindergartenjahr über die Sommerschulen bis zu Mädchenberatungsstellen.
Die spezfische Frage, wie Mädchen dieser Zielgruppe unterstützt werden können, damit sie ihre Schulausbildung abschließen, bleibt unbeantwortet.
Allerdings ist das Thema auch für Expert*innen nicht ganz einfach zu fassen, nicht zuletzt weil Daten fehlen, oder – vielleicht ist das genau die interessante Fragen, warum werden hier so wenige spezifische Daten erhoben?
Andrea Leitner vom Institut für Höhere Studien und Mit-Autorin des NGO-CEDAW-Schattenberichts dazu: „Es gibt, nach meinem Wissen, keine explizite Strategie, um frühe Schulabbruchsquoten von Mädchen mit Migrationshintergrund und von Eltern mit niedriger Bildung zu verhindern. Die „Problemgruppen“ in der Schule haben sich Richtung Buben verschoben, hier auch mit größerer Aufmerksamkeit auf Buben mit Migrationshintergrund.“
Sie erwähnt Studien, die zeigen, dass rund ein Drittel der Mächen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft keine weiterführende Schule nach der Pflichtschule besuchen und findet das „alarmierend hoch“. Bei den Maßnahmen im österreichischen Bildungswesen sieht sie aber die Zielgruppe der Burschen im Vordergrund.
„Alles längst gängige Praxis“
Isabella Chen von LEFÖ-IBF beurteilt den Follow-Up-Bericht zur Empfehlung 25b) insgesamt „schwach“, wie sie es formuliert, weil alle präsentierten Maßnahmen bereits seit vielen Jahren gängige Praxis seien.
„Schutz und Zugang zu Rechten für Betroffene des Frauenhandels bedarf eines multidisziplinären Ansatzes. Wenn sich Betroffene dazu entscheiden, bei einem Strafverfahren mitzuwirken, so ist der effektive Zugang zu Entschädigung ein zentraler Bestandteil der Bekämpfung des Frauenhandels. Entschädigung ist ein wichtiges Instrument, das restorativen, strafenden und präventiven Zwecken dient.“, erklärt Chen. Davon ist im Follow-Up-Bericht allerdings keine Rede.
Was sie allerdings aus Perspektive von LEFÖ-IBF als Opferschutzeinrichtung sehr schätzt, ist der institutionalisierte Austausch: Die alljährlichen Runden Tische, unter der Leitung des Justizministeriums, erlauben den Erfahrungsaustausch der anerkannten Opferschutzorganisation LEFÖ-IBF mit allen Oberstaatsanwaltschaften Österreichs, dem Bundeskriminalamt und relevanten Abteilungen des Justizministeriums. Anhand abgeschlossener Fälle werden Problemstellungen und gute Praxen diskutiert und so Umsetzungen, wie beispielsweise das Non-Punishment Prinzip oder der Entschädigungsansprüche für Betroffene des Frauenhandels, systematisch unter Beobachten gestellt. Wir hoffen, dass diese Praxis auch in den kommenden Jahren fortgeführt wird.“
Der Klagsverband diskutiert 16.9.2021, 18.00 Uhr auf Zoom
Der Follow-Up-Bericht der Regierung wird eines der Themen sein, über die wir bei einer neuen Ausgabe von „Der Klagsverband diskutiert“ sprechen werden.
Hier können Sie sich zu der Online-Diskussion anmelden: info@klagsverband.at