Der ganz persönliche Jahresrückblick des Klagsverbands-Teams
Diese Themen haben uns im vergangenen Jahr intensiv beschäftigt und sind sehr gute Beispiele dafür, wie der Klagsverband mit seinen strategischen Klagen auf rechtlicher Ebene strukturelle Ungleichheiten sichtbar machen und so – das ist zumindest unser Anspruch – gesellschaftspolitische Anstöße geben kann für ein Zusammenleben, in dem Vielfalt, Chancengleichheit und der Zugang zum Recht zu den Grundwerten gehören.
Begonnen haben wir das Jahr 2021 aber mit dem Thema Hass im Netz, denn am 1. Jänner 2021 ist das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz (HiNBG) in Kraft getreten und hat Änderungen un zehn bestehenden Gesetzen mit sich gebracht.
In einer dreiteiligen Artikelserie haben wir einen Überblick über die Neuerungen gegeben, aufgeteilt auf die Bereiche Zivilrecht, Zivilverfahrensrecht und Strafrecht.
Das Menschenrecht auf Wohnen
Dieses Thema begleitet uns mittlerweile seit mehreren Jahren. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie dick die Bretter manchmal sind, die der Klagsverband bohrt. Gleichzeitig steht der Rechtsstreit um den Ausschluss von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen von der oberösterreichischen Wohnbeihilfe stellvertretend für die politische Frage, wie das Menschenrecht auf Wohnen verwirklicht und wie struktureller Rassismus rechtlich begreifbar wird.
Schon 2017 ist es uns gelungen, in einem Verfahren gemeinsam mit migrare eine diskriminierende Bestimmung für den Erhalt der oberösterreichischen Wohnbeihilfe zu Fall zu bringen. Seit 2018 müssen Drittstaatsangehörige nun aber Deutschkenntnisse nachweisen, um Wohnbeihilfe zu erhalten. Auch diese Bestimmung haben wir eingeklagt. 2021 hat das Landesgericht Linz dann, nach einer zunächst vielversprechenden Entscheidung des EuGH, offen gelassen, ob es sich bei der Wohnbeihilfe um eine Kernleistung der Sozialhilfe handelt (Hier können Sie den Fall nachlesen).
Neben den höchst politischen und vor allem strukturellen Fragen, die der Zugang zum Wohnen aufwirft, hat unser Rechtsverfahren gegen das Land Oberösterreich aber noch etwas ganz anderes gezeigt, nämlich wie gut die Zusammenarbeit zwischen dem Klagsverband und seinen Mitgliedsvereinen funktioniert.
An dieser Stelle möchten wir uns deshalb auch noch einmal bei migrare für die Zusammenarbeit bedanken!
Verbandsklage – eine Premiere
Ebenfalls ein sehr gutes Beispiel für ein starkes Klagsverbands-Netzwerk und gelebte Solidarität ist die Verbandsklage zu bedarfsgerechter Persönlicher Assistenz an Bundesschulen. Hinter der Klage steht neben dem Klagsverband der Verein BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, der Blinden- und Sehbehindertenverband BSVÖ, Integration Tirol, Integration Wien, Selbstbestimmt Leben Österreich, Selbstbestimmt Leben Innsbruck und ein weiterer Mitgliedsverein des Klagsverbands. Möglich wurde die Verbandsklage durch die finanzielle Unterstützung mehrerer Mitgliedsvereine und solidarischer Einzelpersonen.
In Österreich gibt es für Schüler*innen mit Körperbehinderungen laut eines Rundschreibens des Bildungsministeriums den Anspruch ab einer bestimmten Pflegestufe Persönliche Assistenz für den Schulbesuch zu bekommen. Kinder mit Sinnesbehinderungen oder Autismus-Spektrum-Störungen werden in dem Rundschreiben zum Beispiel nicht erwähnt, obwohl sie mit einer geeigneten Persönlichen Assistenz ebenfalls eine reguläre Schule besuchen könnten.
Für die Eltern dieser Kinder bedeutet das oft, einen jahrelangen zermürbenden Kampf mit den Behörden zu führen, damit ihr Kind in der Schule Unterstützung erhält.
Mit der Klage wollen wir nun erreichen, dass alle Schüler*innen mit Behinderungen an Bundesschulen Anspruch auf Persönliche Assistenz für den Schulbesuch bekommen, denn Inklusion in der Schule ist ein Menschenrecht und nicht zuletzt in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert und darf nicht vom Engagement der Eltern abhängen.
Wie es in der Verbandsklage zu inklusiver Bildung derzeit steht, können Sie hier lesen.
Neben diesen großen thematischen Schwerpunkten unserer Arbeit, hat uns 2021 natürlich noch vieles mehr beschäftigt. Wie immer können Sie darüber in unserem Jahresbericht lesen, den Sie ab Ende Jänner auf der Webseite finden werden.