Gemeinsame Stellungnahme von Monitoringausschuss und Wiener Monitoringstelle zeigt: Hier ist noch viel zu tun!

Eingangstüren, die nicht automatisch öffnen und die ich somit als Rollstuhlfahrer*in nicht selbst aufmachen kann, Pulte beim Empfang, die so hoch sind, dass ich mich nur stehend für meinen Untersuchungstermin anmelden kann, Braillebeschriftung im Lift nur innen und nicht außen, sodass ich nicht weiß, welcher Lift mich in meinen Untersuchungsraum bringt und zum Schluss kann mir niemand sagen, wo ein barrierefreies WC ist.
Ein Spitalsbesuch ist für die wenigsten Menschen alltäglich und wohl meistens mit ein wenig Aufregung verbunden. Für Menschen mit Behinderungen ist es aber noch weit mehr: Fehlende Barrierefreiheit verhindert selbstbestimmtes Handeln, fördert Abhängigkeiten und verletzt das Recht auf die gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, auf die sich Österreich durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 verpflichtet hat.
Begehung von drei Wiener Spitälern
Die Wiener Monitoringstelle hat in den Jahren 2018 und 2019 drei Krankenanstalten des Wiener Gesundheitsverbundes begangen: Donauspital, Klinik Ottakring (ehemaliges Wilhelminenspital) und Klinik Floridsdorf. Dabei wurde auf die Umsetzung umfassender Barrierefreiheit geachtet, also unter anderem auf räumliche, soziale und kommunikative Barrieren. Die Ergebnisse dieser Begehungen wurden kürzlich in Form einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Unabhängigen Monitoringausschuss veröffentlicht.
Die Stellungnahme zu lesen lohnt, den Link zum Herunterladen finden Sie am Ende dieses Artikels. Zwei wichtige Erkenntnisse der Überprüfung nehmen wir aber gerne vorweg: In keinem der drei Spitäler gibt es umfassende Barrierefreiheit, auch nicht in der neu gebauten Klinik Floridsdorf, die erst 2019 eröffnet wurde.
Umfassende Barrierefreiheit
In der Stellungnahme wird der Begriff der umfassenden Barrierefreiheit so erklärt: „Es gibt keine Hindernisse (Barrieren) in der Gesellschaft. Umfassende Barrierefreiheit bedeutet also: Es gibt keine räumlichen Barrieren (zum Beispiel Stufen), es gibt keine sozialen Barrieren (zum Beispiel ein schlechter Umgang mit Menschen mit Behinderungen), es gibt keine kommunikativen Barrieren (zum Beispiel komplizierte Sprache).“ Und weiter: „Zur umfassenden Barrierefreiheit gehört, dass ich mich in einem Spital, das meistens groß und unübersichtlich ist zurecht finde und ich alle Räume benützen kann.“
Selbstbestimmung
Während bauliche Barrieren und fehlende Möglichkeiten zur barrierefreien Kommunikation meistens sehr schnell auffallen, sind soziale Barrieren versteckter, aber ebenso behindernd für gleichberechtigte Teilhabe an Gesundheitsdienstleistungen. Das wird in der Stellungnahme sehr anschaulich am Beispiel der Spitalspflege erklärt: „Die Pflege im Spital ist wichtig. Aber Spitalspflege ist keine Persönliche Assistenz. Persönliche Assistenz ist etwas ganz Anderes. Und Spitalspflege kann Persönliche Assistenz nicht ersetzen. Persönliche Assistenz bedeutet: Ich kann selbst bestimmen, wann, wo, wie ich von wem Unterstützung bekomme. Ich bestimme also, was mit mir geschieht. Viele Menschen in Spitälern entscheiden aber für Menschen mit Behinderungen. Das ist aber keine Selbstbestimmung.
Die Wiener Monitoring-Stelle hat bei den Begehungen gemerkt: Viele Menschen im Spital glauben: Man hilft doch einem Menschen mit Behinderungen, wenn man ihm/ihr die Entscheidung abnimmt. Diese Menschen haben aber wenig Ahnung von Selbstbestimmung. Und diese Menschen erkennen so genannte Barrieren im Kopf nicht. Die so genannten Barrieren im Kopf besagen: Ich glaube, der Mensch mit Behinderungen kann das nicht alleine.“
Denkmalschutz
Ein wichtiges und zugleich problematisches Thema bei der Barrierefreiheit in Spitälern und Gebäuden allgemein ist der Denkmalschutz. Bei den Begehungen der Wiener Monitoringstelle war dies vor allem in der Klinik Ottakring augenscheinlich. Der Spitalskomplex geht bereits auf das 19. Jahrhundert zurück und steht unter Denkmalschutz. Neben den denkmalschützerischen Auflagen wird von den Spitalsherhaltern oft der höhere finanzielle Aufwand für die Herstellung von Barrierefreiheit angeführt. Hier ist die Stellungnahme ganz klar: „Es kann nicht sein, dass Häuser wichtiger sind als Menschen.“
Empfehlungen
Die Stellungnahme schließt mit einer Reihe von Empfehlungen an den Wiener Gesundheitsverbund, um Barrierefreiheit in Spitälern herzustellen, denn Barrierefreiheit ist nicht nur ein Menschenrecht, von Barrierefreiheit profitiert letztlich die gesamte Gesellschaft.
Hier können Sie die Stellungnahme des Unabhängigen Monitoringausschusses und der Wiener Monitoringstelle herunterladen (in schwerer und leichter Sprache).