Jede/r zehnte BürgerIn der Europäischen Union ist von psychischen Gesundheitsproblemen betroffen. Die unfreiwillige Unterbringung und die unfreiwillige Behandlung zB mit Medikamenten stellt nicht nur eine Entwürdigung für diese Personen dar, sie ist auch eine Beschneidung der Menschenrechte.
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) geht in einem neu erschienen Bericht der Frage nach, wie die Unterbringung und Behandlung von Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen in ausgewählten Mitgliedsstaaten (Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Lettland, Rumänien, Schweden, Ungarn und Großbritannien) gehandhabt wird und welches Recht dabei zur Anwendung kommt. Der Bericht soll Fakten liefern, mit denen die Mitgliedsstaaten „die Herausforderungen in Bezug auf unfreiwillige Unterbringung und Behandlung, die sich aus den Verpflichtungen der Behindertenrechtskonvention ergeben, bewältigen können“.
Maßgeblich für diesen Themenbereich sind das Übereinkommen der Vereinten Nationen (UN) über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention, BRK), die Standards des Europarats und die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die FRA hat in ihrem Bericht die rechtlichen Grundlagen in den genannten sieben Ländern überprüft. Um auch Betroffene zu Wort kommen zu lassen, wurden Personen mit psychischen Gesundheitsproblemen befragt.
Vereinte Nationen
Die Behindertenrechtskonvention „verfolgt einen Ansatz, der unfreiwillige Unterbringung nicht in Zusammenhang mit einer Behinderung bringt. Freiheitsentziehung und das Vorliegen einer Behinderung werden voneinander getrennt, so dass eine Zwangseinweisung aufgrund einer Behinderung im Widerspruch zur BRK stehen würde und an sich diskriminierend wäre. Es bedarf einer weiteren Auslegung der BRK, um zu klären, inwieweit eine unfreiwillige Behandlung mit den Normen des Übereinkommens vereinbar ist,“ heißt es in dem Bericht.
Europarat
Die Standards des Europarats und die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sehen vor, dass eine unfreiwillige Unterbringung und Behandlung unter bestimmten Umständen wie zB Selbstverletzung rechtskonform ist. Es muss aber garantiert sein, dass dies nach einem festen Verfahren passiert, um die Betroffenen zu schützen.
Persönliche Erfahrungen
Die Mehrzahl der befragten Personen erlebte die unfreiwillige Unterbringung oder Behandlung entwürdigend und traumatisierend. Das ging aus den Gesprächen mit den Betroffenen hervor. Die Interviews mit Menschen, die unfreiwillig untergebracht oder behandelt wurden, garantieren, dass die Bedürfnisse dieser Personengruppe berücksichtigt werden, wenn Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene reformiert werden sollten.
Der Bericht „Unfreiwillige Unterbringung und unfreiwillige Behandlung von Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen“ kann im Internet heruntergeladen werden.