Eine 21-jährige Salzburgerin, die von einer Wiener Ärztin wegen ihres Kopftuches nicht eingestellt wurde, hat geklagt und nun eine Entschädigungszahlung in Höhe von 500 Euro erhalten. Die praktische Ärztin zahlte den im gerichtlichen Zahlungsbefehl ausgewiesenen Betrag noch bevor es zu einer mündlichen Verhandlung gekommen ist. Für Klagsverbands-Juristin Andrea Ludwig, die die Klage eingebracht hat, kommt der Ausgang des Verfahrens einem Schuldeingeständnis gleich: „Es besteht kein Zweifel daran, dass der Ärztin ihre diskriminierende Vorgehensweise bewusst ist“, so Ludwig.
Zum Sachverhalt
Die Salzburgerin, deren Eltern aus der Türkei stammen, hat eine Ausbildung zur medizinisch-kaufmännischen Assistentin und sieht beim AMS eine Stellenanzeige als Ordinationsgehilfin. Als sie am Telefon nachfragt, ob die Stelle noch frei sei, wird sie von der Ärztin zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Als sie der Allgemeinmedizinerin dann in der Ordination gegenübersitzt, gibt ihr diese zu verstehen, dass sie jemanden mit Kopftuch nicht einstellen könne. Das würden weder sie noch ihre PatientInnen akzeptieren. Auch nachdem die Bewerberin darauf hinweist, dass das Kopftuch bei den zwei Praktika, die sie im medizinisch-kaufmännischen Bereich gemacht hat, kein Problem war, bleibt die Ärztin bei ihrer Meinung. Die Bewerbungsunterlagen der Salzburgerin mit Zeugnissen und Empfehlungsschreiben will sie nicht mehr sehen.
Außergerichtliche Einigung gescheitert
Die Bewerberin trägt das Kopftuch aus religiösen Gründen und fühlt sich nach dem Gespräch gedemütigt. Sie wendet sich zuerst an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die Ärztin ist aber zu keiner außergerichtlichen Einigung bereit. In der Folge bringt sie mit Unterstützung des Klagsverbands eine Klage wegen Diskriminierung ein. Mit dem Ausgang des Verfahrens zeigt sie sich nun zufrieden: „Ich danke dem Klagsverband, denn er hat dazu beigetragen, dass ich so akzeptiert werde, wie ich bin. Bei der Bewerbung habe ich mich auf mein Kopftuch reduziert gefühlt. Alles, was ich bin, kann und weiß, hat keine Rolle gespielt. Woher nimmt sich jemand das Recht, über meine Fähigkeiten und Qualifikationen aufgrund eines Kleidungsstücks zu urteilen?“
Muslimisches Kopftuch als Stolperstein in der Arbeitswelt
Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses die Benachteiligung aufgrund der Religion. Wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber – so wie in diesem Fall – alle Anforderungen erfüllen kann, darf ein religiöses Symbol wie das Kopftuch kein Grund sein, dass er oder sie nicht genommen wird. Der Klagsverband erhält aber regelmäßig Anfragen von Frauen, die aufgrund ihres Kopftuches Probleme bei der Arbeitssuche haben. Nur wenige können sich allerdings vorstellen, deswegen ein Gerichtsverfahren anzustrengen. Nach einer Klage im Jahr 2008, bei der eine Kuranstalt einer Ärztin mit muslimischem Kopftuch ebenfalls während des Verfahrens die Entschädigung zahlte, bestätigt sich für Andrea Ludwig vom Klagsverband: „Bei den Fällen von Diskriminierung aufgrund des Kopftuchs will es die Gegenseite meistens nicht auf ein Urteil ankommen lassen und zahlt.“