Fehlende Barrierefreiheit kann Verstoß gegen Artikel 8 EMRK darstellen.
Einem Rollstuhlfahrer wurde in Island aufgrund der baulichen Gegebenheiten der Zugang zu zwei Gebäuden, in denen sich das einzige Kunst- und Kulturzentrum seiner Heimatgemeinde bzw. das kommunale Veranstaltungszentrum befinden, verwehrt. Er hat daraufhin die Republik Island geklagt, aber die innerstaatlichen Gerichte haben die Klage in allen Instanzen abgewiesen. Begründung: Es wurde nicht gegen geltende Bauvorschriften verstoßen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sieht damit die Prüfung aber noch nicht abgeschlossen, weil auch ein Verstoß gegen die Menschenrechte vorliegen könnte. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Fällen, bei denen es um fehlende Barrierefreiheit ging, sieht der EGMR hier nämlich den Anwendungsbereich des Rechts auf Privatleben (Artikel 8 EMRK) eröffnet, weil es um zwei für die soziale Teilhabe des Klägers sehr wesentliche öffentliche Gebäude geht. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es sich um Gemeindegebäude handelt. Die Europarats-Mitglieder müssen laut EGMR grundsätzlich notwendige und angemessene Vorkehrungen treffen um ungerechtfertigte Benachteiligungen auszugleichen und somit die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am sozialen und kulturellen Leben zu ermöglichen.
Im konkreten Fall sah der EGMR aber keine Verletzung von Artikel 8 aufgrund einer Diskriminierung, weil die Gemeinde wesentliche Bemühungen gezeigt habe, die Situation zu verbessern und darüber Hinausgehendes nicht zumutbar gewesen sei.