Eines von vielen wichtigen Ergebnissen: Restriktives Einbürgerungsrecht führt zu Demokratiedefizit.
Die Stadt Wien hat ihren Integrations- und Diversitätsmonitor 2020 präsentiert. In diesem Bericht werden Daten zur Lebenssituation von im Ausland geborenen und zugezogenen Bewohner_innen der Stadt Wien aufbereitet. Anhand des statistischen Materials lassen sich Handlungsstrategien für ein Integrationsverständnis ableiten, das auf Chancengleichheit und Gleichberechtigung beruht, wie es in dem Bericht heißt.
Gleichstellung und Partizipation
Anfang des Jahres 2020 hatte Wien mehr als 1,9 Millionen Einwohner_innen, davon sind 36,7 Prozent im Ausland geboren. Die Einbürgerungsrate ist jedoch sehr niedrig und liegt lediglich bei 0,8 Prozent.
Das liegt unter anderem an den großen Hürden beim Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft. Bei Drittstaatsangehörigen erreichen 15 Prozent nicht das geforderte Haushaltseinkommen, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen.
Ein Soft Fact, das in diesem Zusammenhang auch abgefragt wurde, zeigt allerdings, dass die mit der Staatsbürgerschaft verbundenen Rechte vor allem von Einwohner_innen Wiens als wichtig erachtet werden, die aufgrund ihrer Herkunft weniger Chancengleichheit erleben.
Auf die Frage „Möchten Sie die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben?“ antworteten 56 Prozent der Drittstaatsangehörigen mit „ja“, während es bei Bürger_innen mit einer EU-Staatsbürgerschaft nur 21 Prozent waren.
Massives Demokratiedefizit
In Verbindung mit dem österreichischen Wahlrecht, das an die Staatsbürgerschaft gekoppelt ist, führt diese restriktive Einbürgerungspolitik zu einem massiven Demokratiedefizit.
Im Jahr 2020 konnten 30,1 Prozent aller Wiener_innen nicht bei Gemeinderats-, Landtags- oder Nationalratswahlen teilnehmen, weil sie aufgrund ihrer nicht-österreichischen Staatsbürgerschaft nur auf Bezirksebene wahlberechtigt sind.
80 Prozent der nicht-wahlberechtigten Wiener_innen ab 16 Jahren leben schon mindestens fünf Jahre und 53 Prozent schon mehr als zehn Jahre in Österreich, geht aus dem Bericht hervor.
Für Wien bedeutet das: Von den Wiener_innen zwischen 27 und 44 Jahren dürfen in jedem Jahrgang mehr als 40 Prozent nicht wählen.
Einkommen und soziale Sicherung
Was das Einkommen und damit die soziale Sicherung betrifft, ist die mehrfache Benachteiligung von Frauen mit Bildung aus dem Ausland oder Migrationshintergrund hervorzuheben:
Erwerbstätige mit Migrationshintergrund verdienen in Wien durchschnittlich weniger als hier geborene Erwerbstätige. Frauen wiederum, verdienen in der gesamten Bevölkerung weniger als Männer. Zugezogene Frauen und Frauen mit Bildung aus dem Ausland sind hier also doppelt benachteiligt.
Soziale Ungleichheit im Stadtraum
Im Integrations- und Diversitätsmonitor wurde auch die soziale Ungleichheit im Stadtraum untersucht. Im Ausland geborene oder zugezogene Stadtbewohner_innen leben mehrheitlich im dicht bebauten Stadtegebiet.
Der Nutzungsdruck des öffentlichen Raums durch beengte Wohnsituationen ist oft hoch. Die Stadt Wien bekennt sich hier zu einer Gestaltung des Stadtraums, die auch angesichts der Klimakrise, mehr Lebensqualität für alle Bewohner_innen bieten soll. (da)