Die beiden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien 43/2000 und 78/2000 verbieten Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion oder Weltanschauung in Beschäftigung und Beruf sowie aufgrund der „Rasse“ und ethnischen Herkunft darüber hinaus in anderen Bereichen, wie etwa beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen. Österreich hat die beiden Richtlinien noch nicht in nationales Recht umgesetzt, obwohl die Fristen dafür bereits im Vorjahr abgelaufen sind. Daher können sich Diskriminierungsopfer direkt auf die Richtlinien berufen und ihre neuen Rechte bei österreichischen Gerichten einklagen.
EU sieht aktive Teilnahme von Vereinen und Verbänden vor
Beide EU-Richtlinien sehen vor, dass Vereine und Verbände, die sich gegen Diskriminierungen einsetzen, in allen rechtlichen Verfahren für betroffene Personen eintreten und diese vertreten können. Zudem sehen die Richtlinien einen institutionalisierten Dialog mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vor. Beides fehlt in den derzeitigen Plänen der Bundesregierung für die Umsetzung der Richtlinien in österreichisches Recht – siehe Entwurf für das Gleichbehandlungsgesetz. Das bedeutet, dass die Expertise von NGOs in Österreich trotz eindeutiger europarechtlicher Vorgaben nicht eingebunden, gewürdigt und genutzt wird.
Vereine schließen sich zusammen
Österreichische Vereine, die sich mit mannigfaltigen Formen von Diskriminierung befassen, bündeln nun ihre Kräfte und Erfahrungen in einem neu gegründeten Verband. Der „Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ ist ein Zusammenschluss von spezialisierten Institutionen, um die bestmögliche Unterstützung von Opfern von Diskriminierung zu gewährleisten.
„Auch wenn die Umsetzung der EU-Richtlinien in Österreich noch auf sich warten lässt, kann man sich schon jetzt auf sie berufen und sich gegen Diskriminierungen zur Wehr setzen. Die Rolle der NGOs wird es sein, mit ausgewählten Verfahren die Wirksamkeit der Bestimmungen auszuloten – mehr als jede staatliche Institution das jemals könnte“, so Dieter Schindlauer, Obmann des Anti-Rassismus-Vereins ZARA und Initiator des Klagsverbandes.
Ziele des Klagsverbands
Ziel des Verbands ist es daher, richtlinienkonform ein gesetzlich verankertes Vertretungsrecht für NGOs und eine Verbandsklagemöglichkeit zu erwirken, die, wie man vom Verbraucherschutz weiß, eine wirksame Methode zur Rechtsdurchsetzung darstellt.
„Behinderte Menschen werden im Alltag laufend diskriminiert. Wir wollen mit dem Klagsverband einerseits die Sache selbst in die Hand nehmen und andererseits einen Umdenkprozess einleiten und dabei Arbeitgeber aber auch Arbeitnehmer für Diskriminierungen stärker sensibilisieren“, erläutert Martin Ladstätter von BIZEPS – Zentrum für selbstbestimmtes Leben. „Mit dem Klagsverband werden wir unsere Rechte vehement durchsetzen.“
„Wollen Lesben und Schwule ihre neuen Rechte nun ebenfalls in Anspruch nehmen, werden sie sich in vielen Fällen am Arbeitsplatz auch outen müssen, was womöglich zu neuen Diskriminierungen führt. Gerade in solchen Situationen ist eine starke Interessenvertretung wichtig, um den Betroffenen unterstützend zur Seite zu stehen“, betont Kurt Krickler von der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien die praktische Bedeutung des neuen Klagsverbands.
Mitglieder des Klagsverbands: Einigkeit in der Vielfalt
Der Klagsverband vereint Institutionen mit unterschiedlichem Hintergrund für das gemeinsame Ziel der Diskriminierungsfreiheit. So sind die ProponentInnen in Behinderten-, Anti-Rassismus- sowie Lesben- und Schwulenvereinen tätig. Unterstützt wird der Verband von RechtsanwältInnen, die sich ebenfalls mit ihrem Wissen einbringen werden. Die ProponentInnen laden alle spezialisierten Organisationen und Institutionen ein, dem Klagsverband beizutreten und ihm damit noch mehr Gewicht zu verleihen
Klagsverband will EU-gemäß Dialog mit Regierung
Damit steht nun eine gemeinsame Plattform von NGOs für den Dialog mit der Regierung bereit. „Noch ist die Regierungsvorlage zum Gleichbehandlungsgesetz nicht beschlossen. Noch hat das Parlament die Gelegenheit, dieses Vorhaben europarechtskonform umzusetzen – dies geht jedoch nur unter Einbeziehung von NGOs“, erklärt Schindlauer.