Beim Lesen des Berichts sticht die hohe Suizidrate im Maßnahmenvollzug ins Auge (Sicherheitsbericht S. 171): Von den sechs Personen, die sich 2015 laut Bericht in österreichischen Gefängnissen das Leben genommen haben, waren drei Häftlinge im Maßnahmenvollzug. Während pro 100.000 Personen in der Bevölkerung 15 und in der männlichen Bevölkerung 24 Personen Suizid begehen, sind es 352 Personen im Maßnahmenvollzug, 106 Untersuchungshäftlinge und 16 Strafgefangene. Für den Klagsverband hat somit die Reform des Maßnahmenvollzugs große Dringlichkeit und es stellt sich die Frage, was die österreichische Bundesregierung und vor allem der zuständige Minister an Maßnahmen plant, um den Strafvollzug und vor allem auch den Maßnahmenvollzug nach menschenrechtlichen Kriterien zu gestalten.
Verurteilungen wegen Verhetzung gestiegen
Bei Delikten wegen Verhetzung nach § 283 StGB (Sicherheitsbericht S. 47) ist es 2015 zu 44 Verurteilungen gekommen. 2014 wurden 30 Verurteilungen nach § 283 StGB ausgesprochen, 2013 waren es 8. In diesem Bereich ist also ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen.
Delikte, die dem Bereich Cyberhate zuzuordnen sind, werden im Sicherheitsbericht nicht eigens ausgewiesen. Verurteilungen wegen Cyberhate eigens anzuführen, würde es laut Klagsverband erleichtern, die Entwicklung dieses relativ jungen Phänomens aus strafrechtlicher Sicht zu verfolgen.
Auch bei pornografischer Darstellung Jugendlicher mehr Verurteilungen
Bei Delikten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (Sicherheitsbericht S. 45), also vorwiegend Vergewaltigung und sexueller Missbrauch, konnte das Justizministerium im Jahr 2015 einen Anstieg der Verurteilungen bei pornografischen Darstellungen Minderjähriger verzeichnen (Anstieg von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Auch bei den Delikten geschlechtliche Nötigung (5,2 Prozent 2015 im Vergleich zu 3,7 Prozent im Jahr 2014) und sexueller Missbrauch von Jugendlichen (2015: 1,7 Prozent, 2014: 0,6 Prozent) konnte ein Anstieg der Verurteilungen verzeichnet werden.
Verfahren gegen Sicherheitsbehörden zum größten Teil eingestellt
Was Verfahren gegen Organe der Sicherheitsbehörden betrifft (Sicherheitsbericht S. 219), fällt beim Lesen des Berichts vor allem auf, dass ein Großteil der Verfahren, die bei der Staatsanwaltschaft wegen Misshandlungsvorwürfen gegen Polizei- und Justizwachebeamt_innen angefallen sind, nicht weiter verfolgt wurden. Von 690 in Verdacht geratenen Beamt_innen wurden nur 5 angeklagt. Der Klagsverband bekräftigt in diesem Zusammenhang einmal mehr seine Forderung nach einem unabhängigen Mechanismus innerhalb der Sicherheitsbehörden, um diesen Fällen konsequent nachzugehen.
Die besonderen Erschwerungsgründe, die im § 33 StGB geregelt sind, werden im Sicherheitsbericht nicht ausgewiesen. Rassistische und sonstige verwerfliche Delikte bleiben somit undokumentiert und es besteht dadurch der Verdacht, dass dieser Paragraf nicht angewendet wird. (da)
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