Ein Arbeitnehmer mit türkischer Staatsbürgerschaft hat das Land Niederösterreich geklagt, weil ihm die Pendlerhilfe verweigert wurde. Diese Sachleistung des Landes wurde ihm aufgrund seiner Staatsbürgerschaft verwehrt, obwohl er seit 40 Jahren in Österreich lebt und jeden Tag mehr als 25 km in die Arbeit pendelt.
Gericht sieht Diskriminierung bestätigt
Das Gericht hat nun in zweiter Instanz entschieden, dass es sachlich nicht gerechtfertigt ist, den Pendler wegen seiner nicht-österreichischen Staatsbürgerschaft von dieser Leistung auszuschließen. In seinem Urteil hält das Landesgericht St. Pölten weiter fest, dass es sich bei dieser Ungleichbehandlung um eine Diskriminierung wegen der ethnischen Zugehörigkeit handelt. Das Land Niederösterreich konnte auch keine Argumente für eine sachliche Rechtfertigung vorbringen. Für Andrea Ludwig, die das Verfahren für den Klagsverband geführt hat, ist ganz eindeutig: „Wer in Österreich arbeitet und seinen gesellschaftlichen Beitrag leistet, soll unabhängig von der Staatsbürgerschaft einen Anspruch auf soziale Vergünstigungen wie die Pendlerhilfe haben.“ So lasse sich das Urteil interpretieren. Auch der Kläger zeigt sich erfreut über die Entscheidung des Gerichts: „Erst nach diesem Urteil glaube ich als türkischer Staatsbürger, der seit 40 Jahren in Österreich arbeitet und seinen Lebensunterhalt bestreitet, an Demokratie und soziale Gerechtigkeit.“
Enttäuschender Schadenersatz
Der Kläger hat vom Gericht nicht nur Schadenersatz in der Höhe der entgangenen Pendlerhilfe für ein Jahr (450 Euro) zugesprochen bekommen, sondern auch immateriellen Schadenersatz in der Höhe von 300 Euro für die erlittene Würdeverletzung. Diese Summe ist enttäuschend niedrig und entspricht auch nicht den EU-Richtlinien, da sie nicht abschreckend ist. In diesem Zusammenhang muss einmal mehr die Forderung wiederholt werden, dass der Schadenersatz in Österreich für alle Formen von Diskriminierung erhöht werden muss. Leider hat sich das Gericht in seinem Urteil nicht mit den Gleichbehandlungsvorschriften der EU-Richtlinie für langfristig Aufenthaltsberechtigte beschäftigt.
Klagsverband unterstützt Opfer von Diskriminierung aufgrund aller in Österreich geltender Gesetze
Bevor er sich entschlossen hat, mithilfe des Klagsverbands einen Prozess gegen das Land Niederösterreich anzustrengen, hatte der Arbeitnehmer vergeblich versucht, seinen Anspruch auf die Pendlerhilfe auf außergerichtlichem Weg durchzusetzen. Die Entscheidung des Landesgerichts St. Pölten ist das erste Urteil des Klagsverbands zu einem Diskriminierungsfall in Österreich, das auf der Grundlage eines Landes-Antidiskriminierungsgesetzes gefällt wurde. Aber nicht nur in Niederösterreich, auch in anderen Bundesländern werden Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft von bestimmten Leistungen ausgeschlossen. Der Klagsverband appelliert deshalb an die Bundesländer, solche diskriminierenden Bestimmungen aufgrund der Staatsbürgerschaft zu ändern.
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