Nicht die Turnschuhe oder die Baseball-Kappe waren das Problem: Nein, für einen 32-jährigen Linzer endete eine Weihnachtsfeier wegen seiner „dunklen Hautfarbe“ beim Türsteher. Er dürfe keine Dunkelhäutigen in den Club lassen – so die Begründung. Die zwei Kollegen des Linzers, die so wie er, nach der Firmen-Weihnachtsfeier noch weiter Party machen wollten, hatten keine Probleme beim Einlass.
Diese Geschichte spielt sich so oder so ähnlich jeden Tag in Österreich ab. Männer, aber auch Frauen, die an ihrem Äußeren irgendetwas „Fremdes“ haben, werden systematisch aus Diskos, Clubs oder anderen Lokalen ausgeschlossen. Zahlen, die belegen könnten, wieviele rassistisch motivierte Einlassverweigerungen in Österreich tagtäglich passieren, gibt es keine. Und schon gar nicht, wieviele abgewiesene Club-Besucherinnen und Besucher den Mut aufbringen, die Polizei zu rufen und eine Anzeige zu machen.
Rassismus an der Diskotür ist verboten
Der Klagsverband hat in den vergangenen Jahren 18 Personen vor Gericht vertreten, die nicht hinnehmen wollten, dass es an der Lokaltür Stopp heißt, weil sie angeblich fremd sind. Denn rassistische Einlassverweigerungen sind in Österreich ganz klar verboten. Das sagt das Gleichbehandlungsgesetz, das seit 2004 regelt, welche Art von Diskriminierung nicht erlaubt ist. Neben rassistischen Vorfällen zählen dazu u.a. auch Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, der Religion oder der sexuellen Orientierung. So erreichen die kleine NGO zB Fälle von Frauen, die Jobs nicht bekommen oder gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden, weil sie ein Kopftuch tragen. Aber auch jene Geschichte, bei der ein schwuler LKW-Fahrer zwei Arbeitskollegen geklagt hat, die ihn jahrelang wegen seiner sexuellen Orientierung belästigt und erniedrigt haben, wurden vom Klagsverband erfolgreich vor Gericht gebracht. Oder eben die Fälle von Einlassverweigerungen, die von Mitgliedsorganisationen an die Klagsverbands-Juristin herangetragen werden.
Warum werden nicht laufend Klagen gegen rassistische Lokal-Betreiber_innen eingebracht, wenn diese tagtäglich passieren? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil damit für die Rechtsvertretung kein Geld zu machen ist und jedes Verfahren eine Belastung für die Klägerinnen und Kläger bedeutet. Die rechtliche Beratung und Begleitung der KlientInnen ist aufwändig, das Rechtsgebiet ein Fall für SpezialistInnen – in Österreich gibt es mehr als 50 Gesetze, die zur Anwendung kommen können, Verfahren können sich über mehrere Jahre ziehen, der Schadenersatz ist, auch wenn der Kläger oder die Klägerin gewinnt, selten höher als ein paar hundert Euro.
Mit diesen Verfahren ist also kein Gewinn zu machen und alleine deshalb ist die Existenz einer unabhängigen, von der öffentlichen Hand geförderten NGO unbadingbar, die sich eine umfassende Begleitung leisten kann.
Einrichtungen wie ZARA oder die Antidiskriminierungsstelle in der Stadt Salzburg vermitteln Personen an den Klagsverband, die zur Beratung gekommen sind, weil sie Probleme beim Einlass in Lokale haben. Dieser unterstützt Opfer von Diskriminierung zu ihrem Recht zu kommen. Die meisten Verfahren sind bisher gut ausgegangen, das heißt, das Gericht hat die Diskriminierung bestätigt und den Klägerinnen oder Klägern einen Schadenersatz zugesprochen.
Der Klagsverband führt Musterprozesse
Der Klagsverband ist eine NGO, die keineswegs den Anspruch hat, flächendeckend Diskriminierungsfälle in Österreich vor Gericht zu bringen. Das wäre auch gar nicht möglich, der Verein beschäftigt eine Juristin in Teilzeit, die sämtliche Verfahren betreut. Vielmehr wurde der Klagsverband 2004 – in diesem Jahr wurde das Gleichbehandlungsgesetz in Österreich maßgeblich erweitert und auch ein Diskriminierungsverbot für rassistisch motivierte Benachteiligungen eingeführt – gegründet, um Musterprozesse zu führen und das neue entstandene Rechtsgebiet möglichst umfassend auszulegen.
Dies ist gelungen, das zeigt die Liste der Verfahren: Gleich mehrere Fälle in Wien, der Steiermark und Niederösterreich haben zu richterlichen Entscheidungen geführt, die ganz klar sagen, dass niemand wegen seiner Herkunft an der Diskotür abgewiesen werden darf. Auch wenn der Türsteher nur aufgrund von äußerlichen Merkmalen vermutet, es könnte sich um eine „fremde“ Person handeln, ist die Einlassverweigerung nicht rechtmäßig.
Geklagt wird in der Regel der Lokalbetreiber oder die Lokalbetreiberin, es wird davon ausgegangen, dass Türsteher die Erfüllungsgehilfen einer Türpolitik sind, die von den Betreiber_innen vorgegeben wird.
Umfassende Auslegung des Gleichbehandlungsrechts
2016 konnte der Klagsverband ein Urteil herbeiführen, bei der das Gericht ganz eindeutig entschieden hat, dass nicht nur die Person, die nicht ins Lokal gelassen wird, ein Opfer von Diskriminierung ist, sondern auch Freundinnen und Freunde und andere Begleitpersonen. Das Diskriminierungsverbot betrifft auch Personen, die ein Naheverhältnis zum Opfer haben, so steht es seit 2004 im Gleichbehandlungsgesetz. Es brauchte aber eine Einrichtungen wie den Klagsverband, um den ersten Musterprozess zu führen, der das mit einem eindeutigen Urteil bestätigt.
Tatsächlich wurden von der Gruppe, die aus insgesamt acht Personen bestand, drei junge Männer an der Tür rassistisch diskriminiert. „Sie seien Leute, die zu Problemen führten“, meinte der Türsteher zu den drei österreichischen Staatsbürgern, denen er aufgrund ihres Äußeren einen Migrationshintergrund zugeschrieben hat. Damit war die Party für die gesamte Gruppe zu Ende.
Die anderen wollten das nicht hinnehmen und am Ende wurden nicht nur die jungen Männer nicht eingelassen, sondern auch die beiden Frauen, die den Eintritt bereits bezahlt hatten, mussten den Club verlassen.
„Für männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund ist es normal, nicht in jeden Club eingelassen zu werden“, erklärt dazu einer der Kläger und zeigt sich erfreut über das Urteil, „Wir freuen uns, dass wir den Schritt gewagt haben, uns gegen diese Ungerechtigkeit zu wehren. Der Prozess hat sehr lange gedauert, aber unser aller Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt. Hoffentlich ist das ein erster Schritt, um das Bewusstsein vieler Menschen zu ändern.“
Es geht um gleiche Rechte
Jede neue Initiative, die dazu beiträgt, Rassismus an der Diskotür zu verhindern, ist deshalb begrüßenswert. Wirklich umdenken werden BetreiberInnen von Clubs und Diskos wohl deshalb kaum:
Um eine rassistische Einlassverweigerung vor Gericht zu bringen, muss ein Zivilrechtsverfahren geführt werden. Entscheidet das Gericht für den Kläger oder die Klägerin steht der Person ein Schadenersatz zu. Der Linzer Kläger hat 1.000 Euro Schadenersatz erhalten, so ein Betrag ist allerdings die Ausnahme. Die drei jungen Männer haben jeweils 600 Euro Schadenersatz bekommen, die anderen aus der Gruppe 350 Euro pro Person. Diese Beträge tun den beklagten Lokalen nur selten weh.
Den meisten Klägerinnen und Klägern, die der Klagsverband bisher vor Gericht verteten hat, geht es um Gerechtigkeit und nicht um das Geld. Auch wenn sie das Verfahren verlieren, kann ihnen niemand die Erfahrung nehmen, dass sie Rechte haben und ihnen der Klagsverband geholfen hat diese zu verteidigen. (da)