Entscheidung: Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht GZ 18 Cg 120/05t und 18 Cg 121/05i
Leitsatz:
Homophobe Äußerungen und Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Neigung erfüllen den Tatbestand der Belästigung gemäß § 21 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) und rechtfertigen Schadenersatzansprüche gemäß § 26 Abs. 1 Z. 11 GlBG.
Sachverhalt:
Der Kläger, ein LKW-Fahrer, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, musste nahezu täglich im Rahmen seiner Tätigkeit zum Be- und Entladen in das Unternehmen, in welchem die beiden Beklagten angestellt sind. Auch diesen beiden Mitarbeitern war die sexuelle Orientierung des Klägers bekannt. Regelmäßig äußerten sie sich diskriminierend über den Kläger, indem sie sich über seine sexuelle Orientierung mit einschlägigem Vokabular lustig machten und ihn z. B. wegen seiner hohen Stimme verspotteten. Mit der Zeit gingen sie so weit, dass sie jeden, der sich mit dem Kläger unterhielt, fragten, ob er auch „schwul“ sei. Dies führte dazu, dass die Arbeitskollegen den Kläger mieden. Ebenso fanden wiederholt obszöne Beschimpfungen des Klägers durch die beiden Beklagten vor mehreren Personen statt. Der Kläger fühlte sich zunehmend ausgegrenzt und in seiner Menschenwürde beeinträchtigt, und wandte sich an seinen Chef. Dieser wies dann, unter Bezug auf die Homosexualität des Klägers, die Mitarbeiter des Unternehmens darauf hin, den Kläger in Ruhe zu lassen. Als sich in der Folge der Kläger – vor Einbringung der Klage – nach den Namen der Beklagten bei deren Arbeitgeber erkundigte, hörten die Diskriminierungen auf.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 6; § 21 Abs. 1 Z. 3 GlBG darf im Bereich der Arbeitswelt niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung unmittelbar durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt werden. Durch die obszönen Beschimpfungen, die während seiner Tätigkeit als LKW-Fahrer dem Kläger zugefügt wurden, haben die Beklagten diesen Grundsatz verletzt. Durch diese unerwünschte Verhaltensweise haben die Beklagten die Würde des Klägers verletzt. Ihr Verhalten war für diesen unerwünscht, unangebracht und anstößig und schuf für den Kläger ein feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes und demütigendes Umfeld (§ 21 Abs. 2 GlBG). Bei Vorliegen des geschilderten Sachverhaltes steht dem Kläger auch als Ausgleich für die erlittene Beeinträchtigung ein angemessener Schadenersatz, mindestens jedoch € 400,- , zu (§ 26 Abs. 11 GlBG).
Kommentar:
Es ist besonders erfreulich, dass nun endlich ein rechtskräftiges Urteil bezüglich der „neuen“ Diskriminierungsgründe in der Arbeitswelt vorliegt.
Im Ergebnis ist der Entscheidung vollinhaltlich zu folgen.
Bedauerlich ist, dass kein Maßstab für die Höhe des angemessenen Schadenersatzes gesetzt werden konnte, da der Kläger sich auf den Mindestsatz von je € 400,- beschränken wollte. Wünschenswert wäre es auch gewesen, wenn im Gerichtsurteil stärker darauf hingewiesen worden wäre, dass neben der Belästigung gemäß § 21 GlBG auch sexuelle Belästigung gemäß
§ 6 GlBG vorgelegen hat, damit wäre ein Augenmerk darauf gelegt worden, dass sexuelle Belästigung nicht nur zwischen verschiedengeschlechtlichen Personen geahndet wird. Auch der diesbezüglich höhere Mindestbetrag von € 720,- konnte nicht zugesprochen werden, da das Gericht nicht mehr zusprechen kann, als der Kläger verlangt. Insofern ist dieses Urteil richtungweisend. Es bedürfte allerdings eines höheren Zuspruchs, um der dem Gleichbehandlungsgesetz zugrunde liegenden EU-Beschäftigungsrahmen-Richtlinie (RL 78/2000/EG) zu entsprechen und durch den Zuspruch von Schadenersatz eine abschreckende Wirkung zu erzielen. Es ist daher zu hoffen, dass in weiteren Verfahren möglichst rasch geklärt wird, welche Höhe des Schadenersatzes angemessen ist.