Sachverhalt:
Der Kläger ist körperbehindert und verwendet einen Rollstuhl. Für seine europäischen und außereuropäischen Reisen hat er bei der beklagten Partei über viele Jahre eine entsprechende Jahresversicherung abgeschlossen, ohne diese jemals in Anspruch genommen zu haben. Auf einen erneuten Antrag teilte die Versicherung mit, dass der Kläger nicht mehr versichert werden kann. Nachdem trotz großer Bemühungen des Klägers und seiner Eltern keine Lösung gefunden wurde, stellte der Kläger einen Antrag auf Schlichtung beim Bundessozialamt. Für die geplante Reise war der Kläger jedoch gezwungen eine andere, mit Mehrkosten verbundene, Versicherung abzuschließen.
Schlichtung:
Durch die Verweigerung eines Versicherungsabschlusses fühlte sich der Kläger aufgrund seiner Behinderung diskriminiert und wollte mittels einer Schlichtung eine Einigung herbeiführen. Im Schlichtungsverfahren machte der Kläger der Reiseversicherung drei Vorschläge. Zum einen schlug der Kläger vor, dass er und seine Eltern auf alle Ersatz- und Entschädigungsansprüche verzichten würden, wenn er, wie auch in den vielen Jahren davor, eine Reiseversicherung mit weltweiter Gültigkeit zu den bisherigen Konditionen abschließen kann. Weiterhin würde sich der Kläger auch mit dem jährlichen Ersatz der Mehrkosten der neuen Versicherung einverstanden erklären. Der dritte Vorschlag basiert auf einer Einmalzahlung durch die Reiseversicherung, wobei der Kläger und seine Eltern auf alle allfälligen Ansprüche verzichten würden. Keiner der genannten Vorschläge wurde von der Reiseversicherung aktzeptiert, sodass es zwischen den Parteien zu keiner Schlichtungsvereinbarung kam.
Klage:
Daraufhin reichte der Rollstuhlfahrer durch seine anwaltliche Vertretung (RA Mag. Thomas Majoros) Klage beim Bezirksgericht für Handelssachen ein. Wegen der erheblichen, kränkenden und für die Zukunft endgültigen Diskriminierung forderte der Kläger imateriellen Schadenersatz in der Höhe von 1.500,-€. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erkannte die Reiseversicheung die berechtigte Forderung des Klägers zur Gänze an. Das erlassene Anerkenntnisurteil verpflichtet die Reiseversicherung zur Zahlung der 1.500,-€ an den Rollstuhlfahrer und die beklagte Partei ist weiters schludig die Prozeßkosten von 1.200,- zu tragen.
Kommentar
Die Vorgehensweise der Reiseversicherung ist zweifelsfrei eine unmittelbare Diskriminierung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG). Das Anerkenntnisurteil zeigt im Ergebnis, dass auch die beklagte Partei argumentationslos dieser Ansicht war.
Trotz dieses Erfolges für die Behindertengleichstellung im Versicherungsbereich, bleibt die Frage, warum musste der Kläger erst den gerichtlichen Weg beschreiten, wenn das Verfahren aufgrund der entgegenkommenden Angebote des Klägers spätestens vor dem Bundessozialamt geschlichtet hätte werden können? Eine wirkliche Antwort lässt sich darauf jedoch nicht finden. Umso mehr freuen wir uns, dass der Kläger dieses Verfahren auf sich genommen hat und der Reiseversicherung durch das Urteil deutlich gemacht wurde, dass sich ihr diskriminierendes Verhalten nicht “unter den Tisch kehren” lässt.
Anzumerken bleibt, dass das Versicherungsunternehmen noch im laufenden Prozess die allgemeine Geschäftsgrundlage geändert hat. Durch die Änderung, die ausschließlich ein Attest für Menschen mit Behinderung für den Versicherungsabschluss zwingend vorschreibt, enthalten die allgemeinen Versicherungsbedigungen nunmehr eine mittelbare Diskriminierung nach dem BGStG.