Entscheidung: GBK III/3/05
Leitsatz:
Es ist rechtlich unbeachtlich, ob eine Person, die eine andere Person aufgrund ihrer ethnischen Herkunft beim Zugang zum Wohnungsmarkt diskriminiert, EigentümerIn der zur Vermietung freistehenden Wohnung ist. Wurde der Wohnungsinteressent aufgrund seiner ethnischen Herkunft als Mieter nicht einmal in Erwägung gezogen, stellt dies eine Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 Z. 4 und § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) dar.
Sachverhalt:
Eine Bekannte des Antragstellers suchte für die Wohnung ihrer Tochter, die vorzeitig aus einem Mietverhältnis ausscheiden wollte, eine/n NachfolgerIn. Der Antragsteller war an der Wohnung interessiert und bat daher die Bekannte, bei der Antragsgegnerin anzurufen, wobei sie auch erwähnen sollte, dass der Antragsteller türkischer Herkunft sei. Die Antragsgegnerin A teilte jedoch sofort am Telefon mit, dass sie im Haus keine „Ausländer“, sei es mit oder ohne österreichische Staatsbürgerschaft, wolle. Die Antragsgegnerin ist die Ehefrau des Haus- und Wohnungseigentümers, Antragsgegner B, der zum fraglichen Zeitpunkt im Spital war, der Antragsgegnerin A jedoch die Berechtigung zur Abwicklung der Vermietung der gegenständlichen Wohnung erteilt hatte.
Rechtliche Beurteilung:
Zum Vorbringen der Antragsgegnerin A, sie sei nicht grundbücherliche Eigentümerin der Wohnung und könne somit rechtlich den Antragsteller nicht diskriminiert haben, erwog der Senat III, dass es im Gleichbehandlungsgesetz nicht auf die Rechtsposition des Diskriminierers, sondern auf den Schutz des Diskriminierten ankommt. Weiters muss nicht die Eigentümereigenschaft, sondern die faktische Möglichkeit der Verfügbarkeit gegeben sein. Da das Beweisverfahren ergab, dass die Antragsgegnerin A sowohl im Außenverhältnis als Verfügungsberechtigte aufgetreten ist als auch im Innenverhältnis die Verfügungsgewalt hatte, war ihr auch rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit über die Wohnung zu verfügen gegeben.
Dem Argument, die Wohnung sei nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestanden, da der Antragsteller von sich aus an die Vermieterin herangetreten sei, konnte der Senat III nicht folgen, da es unbeachtlich erscheint, von welcher Seite die Weitervermietung der Wohnung der Öffentlichkeit zugetragen worden sei. Wesentlich sei nur, dass die Wohnung zu irgendeinem Zeitpunkt der Öffentlichkeit angeboten wurde. Die Wohnung wurde im Internet angeboten und schlussendlich aufgrund eines ÖH-Inserates weitervermietet. Sie wurde somit mehrfach der Öffentlichkeit zur Vermietung angeboten. Auch in der, in diesem Fall geübten, Praxis, dass der/die VormieterIn eine/n NachmieterIn vermitteln kann, sah der Senat ein Angebot an die Öffentlichkeit im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes.
Der Senat III gelangte daher zu der Meinung, dass eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aus Gründen seiner ethnischen Zugehörigkeit vorliegt, dass ihn die Antragsgegnerin A aufgrund seiner türkischen Herkunft als Mieter nicht einmal in Erwägung zog und somit den Zugang zu Wohnraum verhinderte (§ 31 Abs. 1 Z. 4 und § 32 Abs. 1 GlBG).
Bezüglich des Antragsgegners B kam der Senat III jedoch zur Auffassung, dass das Beweisergebnis keinen Hinweis ergab, wonach der Antragsgegner B die Antragsgegnerin A angewiesen hätte, Personen mit anderem ethnischen Hintergrund nicht in Erwägung zu ziehen. Der Senat III ist davon ausgegangen, dass aufgrund der Tatsache, dass im Haus bereits MieterInnen mit anderen ethnischen Hintergrund lebten, der Antragsgegner B auch davon ausgehen konnte, dass die Antragsgegnerin A aus ethnischen Gründen niemanden als Mieter ausschließen würde. Er musste sie daher auch nicht ausdrücklich darauf hinweisen.
Die Antragsgegnerin A wurde vom Senat darauf hingewiesen, dass sie in Zukunft dafür Sorge tragen solle, dass die ethnische Herkunft von WohnungsinteressentInnen kein Auswahlkriterium darstellen darf.
Kommentar:
Diese Entscheidung ist im Ergebnis begrüßenswert. Erfreulich ist das Augenmerk auf die Tatsachen und die eindeutige Stellungnahme zu den versuchten „formaljuristischen Hintertürchen“.
Nicht gefolgt werden kann der Aussage des Senates III, dass aufgrund der Tatsache, dass im Haus des Antragstellers auch andere MieterInnen mit ethnisch fremder Herkunft wohnen, geschlossen werden könnte, dass auch bezüglich TürkInnen kein Vorbehalt bestünde. Es ist lebensnah, dass Angehörige bestimmter ethnischen Gruppen eher diskriminiert werden als andere. Diesbezüglich wurden keine Erhebungen getroffen. Es könnte sich dann durchaus ergeben, dass der Diskriminierungsgrund in der türkischen Herkunft des Antragstellers gelegen ist. Auch der Hinweis, dass in der Vergangenheit türkische MieterInnen Geschäftslokale gemietet hätten, ist an sich noch kein Beweis dafür, dass zum jetzigen Zeitpunkt türkische MieterInnen nicht diskriminiert würden, da nicht ersichtlich ist, weshalb diese Mietverhältnisse nicht mehr aufrecht sind.
Die Aufforderung an die Antragsgegnerin, dafür Sorge zu tragen, dass die ethnische Herkunft von WohnungsinteressentInnen kein Auswahlkriterium darstellt, ist tatsächlich nicht überprüfbar und schon gar nicht durchsetzbar. Es bleibt daher in völliger Beliebigkeit, ob dieser Aufforderung nachgekommen wird oder nicht. Diesbezüglich erweist sich nicht nur die Entscheidung selbst, sondern insgesamt das Gleichbehandlungsgesetz als vollkommen „zahnlos“.
Jedenfalls ist die Verfahrensdauer von der Antragstellung am 11. 7. 2005 bis zur Zustellung des Prüfungsergebnisses am 20. 9. 2006 für ein Verfahren, von dessen Ausgang es abhängig sein kann, ob von den AntragstellerInnen ein Gerichtsverfahren eingeleitet wird, viel zu lang.