Entscheidung: GBK II/2/2005
Leitsätze:
- 1. Herabwürdigende Äußerungen auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit (Kameltreiber, Araberarsch,…) stellen eine Belästigung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 6 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) dar.
- 2. Setzt der Arbeitgeber nicht angemessene Maßnahmen zur Abhilfe von Belästigungen durch Dritte (Arbeitskollegen), so liegt eine Diskriminierung gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG vor.
Sachverhalt:
Der aus Jordanien stammende Antragsteller moslemischen Glaubens war vorerst bei der Antragsgegnerin als Transportarbeiter geringfügig beschäftigt. Er arbeitete von Beginn an 40 Stunden pro Woche, da ihm eine fixe Anstellung in Aussicht gestellt wurde. Erst nach 9 Monaten wurde seine „geringfügige“ Beschäftigung auf ein Ausmaß von 40 Stunden erhöht, obwohl zwischenzeitig andere ArbeitnehmerInnen im Ausmaß von 40 Wochenstunden neu eingestellt wurden.
Er nahm von Anfang an die Position eines Außenseiters ein, da seine Kollegen sein Verhalten (er nützte seine Mittagspausen zum Lesen eines Deutsch-Lehrbuches und trinkt keinen Alkohol) dazu benützten, sich über ihn lustig zu machen. Nach Ablauf eines halben Jahres entwickelten sich die Witze der Kollegen zunehmend zu rassistischen Ausdrücken (Kameltreiber, Araberarsch, …da muss ein Hitler her, mal schauen was dann mit euch passiert).
Die mehrfache Meldung an die Vorgesetzten verbesserte seine Lage in keiner Weise.
Darüber hinaus versuchten die KollegInnen seine Arbeit in Anwesenheit der Vorgesetzten verbal schlecht zu machen. Trinkgelder wurden ihm vorenthalten.
Die Situation eskalierte, als er neben den üblichen Beschimpfungen von einem Kollegen durch Würgegriff am Hals tätlich angegriffen wurde. Trotz der Aufforderung aufzuhören, wurde er von einem weiteren Kollegen von hinten umklammert und festgehalten, ein anderer Kollege zog ihm das T-Shirt über den Kopf und schlug mit Fäusten auf ihn ein, versuchte ihn auf den Boden zu drücken und trat ihm auf die Hand. Die Verletzungen (Zerrung der Halswirbelsäule, zahlreiche Prellungen, Quetschungen und Abschürfungen) mussten in der Folge im Krankenhaus behandelt werden, insgesamt war der Antragsteller 5 Wochen im Krankenstand.
Der Vorgesetzte wurde vom Antragsteller umgehend vom Vorfall und dem Krankenstand verständigt, dieser kommentierte dies jedoch nur damit, der Antragsteller möge ihm eine Krankenstandsbestätigung schicken und sich sobald er gesund sei, wieder melden. Weder hat er sein Bedauern geäußert, noch Abhilfe versprochen.
Da keiner dieser Vorfälle bei den Vorgesetzten irgendeine Reaktion auslöste, bat der Antragsteller um eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses, da er unter diesen Umständen nicht weiterarbeiten konnte.
Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich beendet.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 26 Abs. 12 GlBG hat eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand in Sinne des § 17 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen.
Der/dem AntragsgegnerIn obliegt es zu beweisen, dass es bei der Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war und dies glaubhaft zu machen, oder dass ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (§ 19 Abs. 2, § 20 GlBG).
ArbeitgeberInnen sind allein schon im Rahmen der ihnen zukommenden allgemeinen Fürsorgepflicht (§ 18 Angestelltengesetz) verpflichtet, für ein Arbeitsklima zu sorgen, in dem beleidigende Äußerungen unter der Belegschaft nicht an der Tagesordnung stehen oder gar schon als normaler Umgangston angesehen werden. Diese Intention findet im GlBG noch eine wesentliche Verstärkung.
Der Senat II der GBK sah es auf Grund der vorliegenden Aussagen als glaubhaft an, dass rassistische Beschimpfungen (arabisches Arschloch, Kameltreiber und ähnliches) durch die ArbeitskollegInnen tatsächlich getätigt wurden und somit eine Diskriminierung gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 GIBG vorliegt.
Auch bezüglich der Schlägerei und der in diesem Zusammenhang getroffenen Äußerungen kommt der Senat zum Ergebnis, dass diese Schlägerei einen Bezug zur ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers hat und diese somit ebenfalls als eine „Belästigung“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Z .3 GlBG zu qualifizieren ist.
Nach Ansicht des Senats II war den Vorgesetzten der diskriminierende Umgangston und das Verhalten der Belegschaft hinlänglich bekannt, ein effizientes und nachhaltiges Einschreiten dagegen war aber nicht erkennbar. Es wurde daher angenommen, dass seitens der Vorgesetzten jegliches Bewusstsein ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Schaffung angemessener Abhilfe fehlte.
Aufgrund dieses erwiesenen Sachverhaltes hat der Senat II die Vorgehensweise der Antragsgegnerin nach der Schlägerei als Diskriminierung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 2 GlBG qualifiziert und gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-G der Antragsgegnerin sowie 2 Mitarbeitern eine eingehende Auseinandersetzung und Befassung mit dem GlBG vorgeschlagen.
Kommentar:
Grundsätzlich ist dem Prüfungsergebnis inhaltlich und vor allem in der vorgenommenen Beweiswürdigung zu folgen. Die Beurteilung der einzelnen Beweisergebnisse in Hinblick auf die diskriminierenden Tatbestände ist ganz im Sinne der Gleichbehandlungsgesetze erfolgt. Insbesondere ist die Ausführlichkeit hervorzuheben, mit der die gesetzliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers betont wurde.
Es wird angeregt, die Prüfungsergebnisse in einfacheren Sätzen abzufassen, damit der Inhalt der Entscheidung auch Personen, die nicht mit juristischer Sprache und dem GlBG vertraut sind, verständlich ist.
Eine bessere Verwirklichung der Ziele des GlBG wäre gegeben, wenn die GBK nicht nur in den Ausführungen auf die vielfältigen Möglichkeiten, die zur Verbesserung des Arbeitsklimas und zu einer höheren Sensibilität gegenüber Angehörigen anderer Kulturen in der Belegschaft führen könnten, verweist, sondern dem Antragsgegner auch deren Umsetzung vorschlägt.
So wäre ein Vorschlag zur Durchführung von Schulungs- oder Sensibilisierungsmaßnahme für die gesamte Belegschaft oder bestimmte MitarbeiterInnen eine konsequentere Umsetzung der gesetzlichen Intentionen.
Dies würde auch auf diejenigen ArbeitskollegInnen sensibilisierend einwirken, die selbst nicht aktiv diskriminiert haben, jedoch den Aktivitäten nicht nur nichts entgegengesetzt, sondern auch durch ihre Billigung das Verhalten der „aktiven“ KollegInnen bestärkt haben.
Der Antrag wurde am 5. Jänner 2005 eingebracht, das Prüfungsergebnis am 16. 2. 2006 zugestellt. Das ist für ein nicht bindendes Ergebnis zu lang.